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EuGH in AUDI v GQ: Markenrecht sieht keine Reparationsklausel vor



EuGH in AUDI v GQ: Markenrecht sieht keine ‚Reparaturklausel‘ vor

Im Markenstreit zwischen der Audi AG und GQ entschied der EuGH über Ersatzteile für Kraftfahrzeuge und über die Frage, wie der Begriff der Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr auszulegen ist. Kann das Recht des Inhabers einer Unionsmarke auf der Grundlage einer Art Reparationsklausel eingeschränkt werden?

Seit 2017 ging Audi gerichtlich gegen GQ vor, um das Angebot zum Kauf von nachgebauten Ersatzteilen zu unterbinden, bei denen die Form bestimmter Elemente der Marke AUDI teilweise oder vollständig entsprach. Darunter waren auch nachgebaute Kühlergrills mit einem Zeichen, das mit der Marke AUDI identisch oder ihr ähnlich ist. Dagegen erhob Audi am 5. Mai 2020 Klage beim Sad Okregowy w Warszawie (Regionalgericht Warschau, Polen), dem vorlegenden Gericht, um den Beklagten das Vermarkten und den Verkauf zu verbieten.

Das Gericht aus Polen richtete daher ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit der Bitte, den Begriff der Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr (Art. 9 Abs. 2 und Abs. 3 Buchst. a bis c der EU Verordnung 2017/1001) zu klären.

In der hier vorgestellten EuGH Entscheidung C‑334/22 wurde diese Frage beantwortet und erläutert, inwieweit der Inhaber einer Unionsmarke das Recht hat, sich der Benutzung eines mit der Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens für Autoersatzteile durch einen Dritten zu widersetzen.

EuGH: Markenrecht sieht keine Reparationsklausel vor


Der EuGH stellte zunächst fest, dass der Unionsgesetzgeber in der Verordnung 2017/1001 keine sogenannte Reparationsklausel wie im Geschmacksmusterrecht vorgesehen hat, und wies darauf hin, dass die Tragweite von Art. 110 der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung (GGV) (in diesem Artikel ist eine Reparationsklausel vorgesehen) dahin gehend vom EuGH präzisiert ist, dass er nur dem Schutz von Mustern und Modellen bestimmte Beschränkungen auferlegt und das Unionsmarkenrecht unberührt lässt (siehe Oktober 2015, Ford Motor Company, C‑500/14, EU:C:2015:680, Rn. 39, 41 und 42).

Folglich könne die sogenannte Reparationsklausel nicht analog angewandt werden, um das Ziel zu verfolgen, einen unverfälschten Wettbewerb zwischen den Herstellern von Kraftfahrzeugen und den Verkäufern von Nicht-Originalersatzteilen zu erhalten. Das Recht des Inhabers einer Unionsmarke kann nicht auf der Grundlage der Reparationsklausel eingeschränkt werden.

Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr


Das Anbringen des Zeichens, das der Audi Marke ähnelt, ist geeignet, das Bestehen einer sachlichen Verbindung zwischen diesem Teil, das ein Dritter einführt, bewirbt und zum Kauf anbietet, und dem Inhaber der Marke AUDI zu begründen, erklärte der EuGH. Ein Dritter, der ohne Zustimmung des Inhabers einer Unionsmarke Ersatzteile einführt und zum Kauf anbietet, die ein Element enthalten für das Anbringen des Zeichens, das der Marke ähnelt, benutzt nach Ansicht des EuGH ein Zeichen im geschäftlichen Verkehr in einer Weise, die geeignet ist, eine oder mehrere Funktionen dieser Marke zu beeinträchtigen. Dies zu prüfen, sei Sache des nationalen Gerichts.

Wenn allerdings die Benutzung dieser Marke erforderlich ist, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, und wenn dies den Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht, dann ist es dem Inhaber einer Marke unmöglich, einem Dritten die Benutzung dieser Marke zu untersagen, ergänzte der EuGH (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Januar 2024, Inditex, C‑361/22, EU:C:2024:17, Rn. 52). Doch zu beachten dabei ist, diese Einschränkung des Markeninhabers gilt nicht, wenn ein Unternehmen, das mit dem Inhaber der Marke nicht wirtschaftlich verbunden ist, ein mit dieser Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen auf Ersatzteilen anbringt, die von diesem Unternehmen vermarktet werden und dazu bestimmt sind, in die Waren dieses Markeninhabers eingebaut zu werden.

In Bezug auf den Kühlergrill stellte der EuGH fest, dass die Markeninhaberin – hier die AUDI AG – die Benutzung eines mit dieser Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens für Ersatzteile wie den Kühlergrill verbieten kann, wenn dieses Zeichen in der Form eines Elements des Kühlergrills besteht, das für die Anbringung des diese Marke wiedergebenden Emblems auf diesem Kühlergrill gedacht ist. Das sieht der Gerichtshof auch als unabhängig davon, ob es eine technische Möglichkeit gibt, dieses Emblem an diesem Kühlergrill anzubringen, ohne das Zeichen darauf anzubringen.

Bekanntheit der Marke AUDI in Polen


Die Bekanntheit der Marke AUDI in Polen ist ein weiterer Aspekt der Entscheidung. Die Marke AUDI sei in Polen allgemein bekannt ist und verfügt über eine hohe Unterscheidungskraft, stellte der EuGH fest.

Die Benutzung des Zeichens, das der AUDI Marke ähnelt oder identisch zu ihr ist, durch GQ könne also gemäß Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 verboten werden, erklärte der EuGH - wenn das nationale Gericht feststellt, dass diese Benutzung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke AUDI ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. In diesem Fall müsse es nicht prüfen, ob eine Verwechslungsgefahr besteht, ergänzte der EuGH, denn in diesem Kontext sei die Tatsache, dass der Durchschnittsverbraucher die Kühlergrills nicht als Originale wahrnimmt, ohne Belang.

AUDI v GQ: Leitsatz Entscheidung des EuGH


Als Leitsatz hielt der EuGH fest, dass Art. 9 Abs. 2 und Abs. 3 Buchst. a bis c der Verordnung 2017/1001 dahin auszulegen ist, dass ein Element in einem Ersatzteil wie dem Kühlergrill für Fahrzeuge, das gedacht ist für das Anbringen eines Zeichens, das der Marke ähnelt, ein Zeichen im geschäftlichen Verkehr in einer Weise benutzt, die eine oder mehrere Funktionen dieser Marke beeinträchtigen kann, was das nationale Gericht prüfen muss.

Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 ist laut EuGH dahin auszulegen, dass er den Automobilhersteller, der Inhaber einer Unionsmarke ist, nicht daran hindert, einem Dritten die Benutzung eines mit dieser Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens für Autoersatzteile, und zwar Kühlergrills, zu verbieten, wenn dieses Zeichen in der Form eines Elements des Kühlergrills besteht, das für die Anbringung des diese Marke wiedergebenden Emblems auf diesem Kühlergrill gedacht ist. Dabei ist es unerheblich, ob es technisch möglich ist, dieses Emblem auf dem Kühlergrill zu befestigen, ohne das Zeichen auf ihm anzubringen.

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