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Erfindervergütung und Auskunft des Arbeitgebers



Erfindervergütung und Auskunft des Arbeitgebers

Die Auskunft des Arbeitgebers ist von wesentlicher Bedeutung für die Festsetzung der Erfindervergütung. Denn die Höhe der Erfindervergütung hängt u. a. von der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Erfindung des Arbeitnehmers ab. Der Arbeitgeber kann und muss dazu Auskunft geben.

In der Praxis führt das gelegentlich zu weit auseinander liegenden Erwartungshaltungen über die Höhe der Erfindervergütung zwischen Arbeitnehmererfinder und Arbeitgeber, so auch im Einigungsverschlag Arb.Erf. 04/22. Die Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) befasste sich darin mit der Bindungswirkung einer Vergütungsvereinbarung, der Erfüllung der Auskunftspflicht des Arbeitgebers - zu unterscheiden von der Informationspflicht des Arbeitgebers im Sinne des § 15 ArbErfG - und der Umsatzberechnung im Rahmen der fiktiven Nachbildung eines Lizenzvertrags.

Der Sachverhalt


Gegenstand des Schiedsverfahrens sind die sechs Diensterfindungen, an denen der Kläger im Rahmen seines bis 2021 laufenden Arbeitsvertrags mit der Beklagten als Miterfinder beteiligt war. Die Beteiligten hatten hinsichtlich aller Diensterfindungen jeweils detaillierte Vergütungsvereinbarungen abgeschlossen, u. a. mit Angaben zu Miterfinderanteil, Anteilsfaktor, Erfindungswert und Staffelung. Außerdem haben die Beteiligten darin die Abgeltung einer etwaigen Vorratsvergütung – abhängig vom jeweiligen Miterfinderanteil – vereinbart.

Konkret erhielt der Antragsteller jeweils Beträge zwischen 180 € und 660 € und noch jeweils 300 € für den Verzicht auf seine Rechte aus den § 14 ArbnErfG (Schutzrechtsanmeldung im Ausland) und § 16 ArbnErfG (Aufgabe der Schutzrechtsanmeldung oder des Schutzrechts).

Im Schiedsstellenverfahren forderte der Antragsteller eine Vergütung auf Grundlage von neuen und deutlich höheren Vergütungsfaktoren.
War das sachgerecht? Und unter welchem Umstand ist man an die früher geschlossene Vergütungsvereinbarung gebunden?

Bindungswirkung einer Vergütungsvereinbarung


Die abgeschlossenen Vergütungsvereinbarungen sind Verträge im Sinne von § 311 BGB und §12 ArbnErfG. Die Schiedsstelle erklärte, hier gelte der Grundsatz der Vertragstreue, demnach Verträge einzuhalten sind („pacta sunt servanda“). Denn die Beteiligten haben die Vereinbarungen weder einvernehmlich wieder aufgehoben noch ist nach Ansicht der Schiedsstelle ein einschlägiger Rechtsgrund ersichtlich, der es dem Antragsteller ermöglichen würde, sich einseitig von den Vergütungsvereinbarungen zu lösen.

Die vereinbarten Vergütungsfaktoren sind nach Auffassung der Schiedsstelle sachlich nicht zu beanstanden, während sie die vom Antragsteller im Schiedsstellenverfahren geltend gemachten Vergütungsfaktoren als „völlig überhöht“ ansah.

Der Antragsteller widersprach und machte geltend, der Arbeitgeber habe nur für eine der sechs Arbeitnehmererfindungen (das Patent „A“) überhaupt einen erfindungsgemäßen Umsatz ausgewiesen, die anderen fünf seien laut Auskunft des Arbeitgebers lediglich als Vorratspatent gehalten worden ohne einen erfindungsgemäßen Umsatz. Zu der Diensterfindung, die zu dem Patent „A“ geführt hat, seien laut Auskunft des Arbeitgebers 70.000 erfindungsgemäße Module bis zum Ende des Jahres 2021 hergestellt worden und zwar in unterschiedlichen Gesamtprodukten und für insgesamt Herstellkosten von 10.000.000 €.

War die Auskunft des Arbeitgebers unglaubwürdig, weil die er unbenutzte Schutzrechte aufrechterhielt? Und war der erfindungsgemäße Umsatz sachgerecht ermittelt worden?

Auskunft des Arbeitgebers


Die vom Arbeitgeber zu erbringende Auskunft ist eine Wissenserklärung, stellte die Schiedsstelle fest und verwies auf die Entscheidung des BGH vom 23.1.2003 – Az.: I ZR 18/01 – Cartier-Ring. Das ist eine Entscheidung zum Markenrecht (Auskunftspflicht gemäß § 19 MarkenG und § 242 BGB). Die Schiedsstelle bezog sich aber dennoch darauf, denn darin stellte der BGH fest, dass § 242 BGB („nach Treu und Glauben“) eine Wissenserklärung ist, die sich nicht nur auf das präsente Wissen des Verpflichteten bezieht. Dieser ist vielmehr angehalten, alle ihm zugänglichen Informationen aus seinem Unternehmensbereich für seine Auskunft heranzuziehen.

Nur wenn die abgegebene Auskunft von vornherein unglaubhaft oder zumindest unvollständig ist, wäre laut der Schiedsstelle die Auskunftspflicht nicht erfüllt. Das war vorliegend nicht der Fall.

Die bloße Tatsache, dass ein Arbeitgeber eine Schutzrechtsposition lange aufrechterhält als Vorratspatent, ist nicht geeignet, die Auskunft des Arbeitgebers, die Diensterfindung nicht verwertet zu haben („Negativauskunft“), als unvollständig oder unglaubhaft erscheinen zu lassen, erklärte die Schiedsstelle als nicht amtlichen Leitsatz.

Unternehmerische Gründe, eine bestehende Schutzrechtsposition nicht zu benutzen, gebe es vielfältige, beispielsweise um dem Ruf als innovatives Unternehmen gerecht zu werden. Die Schiedsstelle stellte fest, dass der Arbeitgeber der Pflicht zur Auskunft vollständig nachgekommen war, indem er mitgeteilt hat, eine Diensterfindung benutzt zu haben (Positivauskunft) und die anderen Diensterfindungen nicht verwertet zu haben (Negativauskunft).

Somit war in diesem Schiedsstellenverfahren nur noch zu klären, wie für das Patent „A“ die Umsatzberechnung zur Festlegung der Bezugsgröße sachgerecht zu erfolgen hatte.
Lesen Sie dazu bitte den zweiten Teil dieses Einigungsvorschlags der Schiedsstelle, der sich mit der Umsatzberechnung in diesem Einigungsvorschlag befasst, unseren Blog Beitrag Erfindervergütung mit herstellungsbezogenem Aufschlagsfaktor.

Wie ist die Auskunft des Arbeitgebers im vorliegenden Fall zu bewerten?

Herstellungsbezogener Aufschlagsfaktor - fiktiver Umsatz


Werden erfindungsgemäße Module in unterschiedlich komplexen Produkten und für andere Zwecke genutzt, ist der erfindungsgemäße Umsatz fiktiv mit einem Aufschlagfaktor abzuschätzen. Der Arbeitgeber habe nach Ansicht der Schiedsstelle zurecht eine fiktive, herstellungsbezogene Bezugsgröße angesetzt und den Aufschlagfaktor sogar oberhalb des Erfahrungswerts der Schiedsstelle angewandt, mit dem sie regelmäßig pauschal einen Aufschlagfaktor in einem Bereich von ca. 1,3 bis 1,6 ansetzt.

Auch wenn die Erwartungshaltung aus Sicht eines Arbeitnehmererfinders menschlich nachvollziehbar sei, so ergebe sich aus dem Vortrag des anwaltlich vertretenen Arbeitnehmererfinders gleichwohl keine logische, juristisch belastbare und damit tragfähige Begründung seiner Vergütungserwartung, fügte die Schiedsstelle hinzu.

Wir sind Patentanwälte mit großer Erfahrung im Bereich Arbeitnehmererfinderrechte und Berechnung der Erfindervergütung.
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