Erfindervergütung: Schiedsstelle schlägt Inflationsausgleich bei Abstaffelung vor
Mit den aktuellen Einigungsvorschlägen Arb.Erf. 64/20 und Arb.Erf. 27/19 schlägt die Schiedsstelle einen Inflationsausgleich für die Abstaffelungstabelle vor. Dies ist die Abkehr von jahrzehntelanger Ablehnung eines Inflationsausgleichs und bedeutet de facto eine höhere Erfindervergütung bei hohen erfindungsrelevanten Umsätzen, die eine Abstaffelung begründen.
Lizenzsatz im Bereich der Spezialchemie
In der Sache ging es um die Höhe der Erfindervergütung und den Lizenzsatz im Bereich der Spezialchemie. Die Arbeitnehmererfindung wurde nach negativem Recherchebericht als schutzfähig anerkanntes Betriebsgeheimnis geschützt.
Wird die Erfindung nicht zum Patent angemeldet, sondern zum Betriebsgeheimnis erklärt, bleibt dennoch die Vergütungsverpflichtung bestehen. Lesen Sie dazu gerne unseren Beitrag Arbeitnehmererfindung zum Betriebsgeheimnis erklärt.
Geschieht dies allerdings – wie vorliegend – nach negativem Recherchebericht, ist für die Vergütung des als schutzfähig anerkannten Betriebsgeheimnisses eine Lizenzminderung zu berücksichtigen. Im Übrigen wird in ständiger Praxis der Schiedsstelle und auch der Gerichte anhand einer fiktiven Nachbildung eines Lizenzvertrages der anzusetzende Lizenzsatz abgeschätzt.
Marktübliche Lizenzsätze gemäß RL 10
In dem vorliegenden Einigungsvorschlag der Schiedsstelle war dieser Lizenzsatz der Streitpunkt und damit auch die Bezugsgröße der fiktiv angenommenen Lizenzparteien. Üblicherweise berücksichtigt man bei dieser Beurteilung die Vergütungsrichtlinien Nr. 10, in denen nach Branchen unterschiedene, konkrete Lizenzsätze gelistet sind. Aus der Literatur sind beispielsweise für Stoffpatente, die in Spezialchemieprodukten Verwendung finden, Lizenzsätze von 1,5 % bis 4 % als marktüblich bekannt (Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindervergütung, 4. Auflage, RL Nr. 10 RNr.114, S. 439). Allerdings ist der obere Lizenzsatzbereich komplexen Produkten vorbehalten, in denen häufig mehrere Schutzrechte in Kombination eingesetzt werden.
Erfindervergütung mit Abstaffelung
Allerdings wird die Höhe des Lizenzsatzes abhängig von Umsatzhöhe oder Stückzahl häufig (ab)gestaffelt, ebenso auch bei weltweiter Reputation des Arbeitgebers.
Für die Erfindervergütung mit Abstaffelung wird in der Praxis RL Nr. 11 herangezogen.
Konkret in dem vorliegenden Fall sah die Schiedsstelle den von dem Arbeitgeber angesetzten Lizenzsatz von 1,13 und auch die angesetzte Abstaffelung des Lizenzsatzes (bzw. der Umsätze) als angemessen an. Der recht niedrige Lizenzsatz erklärte sich nach Ansicht der Schiedsstelle durch die Tatsache, dass es sich vorliegend um einen Einzellizenzsatz handelt und nicht um eine Kombination, und dass sich der Schutzbereich des Betriebsgeheimnisses in nur zwei Verfahrensschritten niederschlägt. Verfahrenspatente aber werden niedriger im Lizenzsatz angesetzt als Stoffpatente, da sie schwerer gegen Wettbewerber durchsetzbar sind.
Staffeltabelle seit 1983 unverändert
Es gibt keine verallgemeinerungsfähigen Erkenntnisse aus der Lizenzvertragspraxis, die man anstelle der Lizenzsatzstaffel der RL Nr. 11 als tatsächlich wiederkehrende Muster bei der fiktiven Nachbildung von Lizenzverträgen anwenden könnte, erklärte die Schiedsstelle.
Daher erfolgt die Abstaffelung im Arbeitnehmererfindungsrecht regelmäßig nach dem folgenden Muster der Staffeltabelle – die seit 1983 unverändert ist.
Dass inzwischen die DM durch den Euro ersetzt worden ist, macht diese Staffeltabelle nicht übersichtlicher. Die Schiedsstelle sieht daher das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in der Pflicht, die Staffeltabelle der Realität anzupassen.
Erneuerung der Staffeltabelle vorgeschlagen- mit Inflationsausgleich
„Da das BMAS jedoch keine Anstalten macht, hier tätig zu werden“, so erklärte die Schiedsstelle, könne die Situation wohl nur durch ein eigenverantwortliches Aufgreifen der Problematik in der Industrie angegangen werden. Das könnte mittels folgender angepasster Staffeltabelle erfolgen:
Die Schiedsstelle entschied sich dazu, nicht nur die DM-Beträge in handhabbare Euro Beträge umzuwechseln. Vielmehr empfiehlt sie auch ausdrücklich einen Inflationsausgleich der Erfindervergütung bei Abstaffelung. Da sich der Verbraucherpreisindex seit 1983 bis heute etwa mit dem Faktor 1,85 erhöht habe, bestünde durchaus Anpassungsbedarf der Tabelle, den das BMAS aufgreifen müsste, sagte die Schiedsstelle und verwies auf www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex.
Das ist eine Abkehr von jahrzehntelanger Ablehnung eines Inflationsausgleichs. Die vorgeschlagenen Veränderungen sind deutlich vorteilhaft für die Arbeitnehmererfinder, die mit dem neuen Vorschlag der Schiedsstelle bis zur Staffelgrenze von 100.000.000 EUR weniger stark abgestaffelt würden als bisher. Unsere Grafik zeigt die wesentlichen Neuerungen auf einen Blick:
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