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BGH: Cloud Betreiberin gegen EP 'data to user'



BGH: Cloud Betreiberin gegen EP user Data - Patent aus dem Jahr 2000

Cloud und 'data to user' - diese BGH Entscheidung ist als richtungsweisend zu sehen für computer-implementierte Erfindungen rund um Serverdaten.

Ein europäisches Patent, das die Bereitstellung von Daten für den Nutzer des Internets und damit die Basisstruktur heutiger dynamischer IT Anwendungen beschreibt, stand im Mittelpunkt eines Patentstreits der U. S. Betreiberin moderner Cloud Technologie gegen die deutsche Ravenpack AG.

Klägerin war die Cloud Betreiberin. Sie hatte seit Juli 2016 mit einer Nichtigkeitsklage gegen das Streitpatent geltend gemacht, der Gegenstand des Schutzrechts sei nicht patentfähig. Dies ist auch als Reaktion darauf zu verstehen, dass sie selbst aus dem Streitpatent ihrerseits gerichtlich in Anspruch genommen wird und sich dem Vorwurf der Patentverletzung gegenüber sieht.

Der Sachverhalt


Das Bundespatentgericht hatte 2019 die Nichtigkeitsklage abgewiesen (BpatG, 5 Ni 53/16 (EP)) und gegen diese Entscheidung wurde Berufung eingelegt, über die der BGH Ende 2021 entschied (BGH, X ZR 98/19). Dieses Urteil ist auch als richtungsweisend für die Durchsetzung von Softwarepatenten und computer-implementierten Erfindungen zu sehen mit Bezug auf Serverdaten. Eine Kernfrage in diesem Nichtigkeitsverfahren gegen das Streitpatent war: ist ein sicherer Datenpfad für Serverdaten im Vorgang 'Presenting data to a user' als neu und erfinderisch anzusehen?

Das Streitpatent (europäisches Patents Nr. 1 126 674 B1) trägt die Bezeichnung Method and device for presenting data to a user und beschreibt im Patentanspruch 1 die dynamische Bereitstellung von Daten für einen Benutzer. Dieses Streitpatent wurde bereits im Jahr 2000 angemeldet (unter Inanspruchnahme der Priorität aus zwei deutschen Patentanmeldungen). Die darin beschriebene dynamische IT Architektur war damals quasi ihrer Zeit voraus und bildet heute wichtige Basistechnologie für Cloud Computing. Erfinder ist Hardy Schloer, Patentinhaberin die Ravenpack AG (Deutschland).

Sicherer Datenpfad in der Serverstruktur– neu und erfinderisch?


Das Streitpatent beschreibt den Zugriff auf einen Server und dort hinterlegte Daten über Datenpfade, durch den die Bereitstellung von Daten über ein Netzwerk an einen Nutzer vor allem sicherer gestaltet wird. Dazu sieht das Streitpatent mindestens einen Datenpfad vor, „über den Steuerdaten, die mit der Auswahl von Daten verbunden sind, gesendet werden, wobei der mindestens eine Datenpfad unidirektional ist“.

Die Klägerin legte mehrere Druckschriften vor, um den Antrag auf Nichtigkeitserklärung des Streitpatents zu untermauern. So beschreibt insbesondere die Druckschrift K5 (die internationale Patentanmeldung WO 99 / 38 080 A1) ebenfalls ein Verfahren zum Darstellen von Daten für einen Anwender in einem sicherheitsrelevanten Kontext. Unter anderem wird dort beschrieben, dass der Benutzer benachrichtigt wird, wenn die Berechtigungsprüfung in der Identifikatordatenbank oder in der Anfragedatenbank ein negatives Ergebnis zeigt.
Dennoch sah der BGH darin keine relevante Entgegenhaltung gegen das Streitpatent Im Streitpatent sei der sichere unidirektionale Datenpfad ein entscheidender Aspekt. Im Einklang mit den Patentmerkmalen gebe die Beschreibung eine unidirektionale Übermittlung an, die Kontrolldaten und die verarbeiteten Daten umfasst.

Die in K5 beschriebene Vorgehensweise dagegen könne technisch auf unterschiedliche Weise realisiert werdem. Insbesondere lasse K5 nicht erkennen, dass sichergestellt ist, dass eine Datenübermittlung in die Gegenrichtung über die genannten Verbindungen unter allen Umständen ausgeschlossen ist.

Presenting data to a user - mit Unidirektionalen Datenpfad?


Ebenso wenig haben andere der angeführten Druckschriften nach Ansicht des BGH einen unidirektionalen Datenpfad im Sinne des Streitpatents vorgesehen oder eine Anregung hierzu geliefert.

So erklärte der BGH, auch in dem US-amerikanischen Patent 5 612 897 (K6), der internationalen Patentanmeldung WO 98/31115 (K7), dem Auszug aus dem Buch von 27 28 29 30 - 11 - Tischer und Jennrich, (Internet Intern, S. 234 ff., (K11), der internationalen Patentanmeldung 98/31116 (K12), dem koreanischen Patent 10-0205954 (K13) und dem US-amerikanischen Patent 6 222 536 (K13a) fehle es jeweils an einer Vorwegnahme eines unidirektionalen Datenpfads, über den Kontrolldaten gesendet werden.

Als Beispiel für die Überlegungen des BGH sei K6 genannt. Zwar offenbart die Druckschrift K6 ein Daten- und Steuerungsnetzwerk (Switch-Ports und Leitungen des Daten- und Steuerungsnetzwerk im Halbduplex-Modus) und damit auch einen unidirektionalen Datenfluss. Doch K6 sei nicht zu entnehmen, erklärte der BGH, dass die betreffende Verbindung so ausgestaltet ist, dass ein Datenfluss in die Gegenrichtung ausgeschlossen ist.

Weitere Druckschriften wie K7 und K12 beschreiben eine Verbindung zwischen Videosession-Manager und Informationsserver. Zwischen zwei Komponenten findet Datenverkehr in beide Richtungen statt. Doch das stellt nach Ansicht des BGH keinen unidirektionalen Datenpfad dar. Etwas anderes gelte auch dann nicht, wenn die Anfrage des Client unbeantwortet bleibe.

Es ergab sich daher aus dem Stand der Technik keine Anregung, fasste der BGH zusammen, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Übermittlung von Daten stets nur in eine Richtung erfolgen kann, eine Übermittlung in die andere Richtung dagegen unter allen Umständen ausgeschlossen ist. Es liege auch keine Situation vor, in der der Fachmann nur die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten hatte, sich also nur entscheiden musste, ob er den Datenpfad bidirektional oder unidirektional ausgestaltet, ergänzte das Gericht. Vielmehr könne die Datenübermittlung je nach Situation und unter Abwägung mehrerer Faktoren wie Sicherheit, Komfort und Schnelligkeit unterschiedlich geregelt und die Sicherung gegen unberechtigten Zugriff durch verschiedene Maßnahmen in vielfältiger Weise variiert werden.

Schlussendlich wies der BGH die Berufung vollständig zurück und bestätigte den Bestand des Streitpatents für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland (BGH, X ZR 98/19.

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