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OLG Frankfurt: Vergütungsanspruch nach neuer Formel



Erfindervergütung: Vergütung Berechnung nach Formel ohne Anspruchsfaktor - Leitsatzentscheidung des OLG Frankfurt

Ein jahrelanger Vergütungsanspruch wurde durch einen Vergleich vor einem Arbeitsgericht aufgehoben. Gegen eine anschließend angewandte neue Formel zur Berechnung der Arbeitnehmererfindervergütung erhob der Arbeitnehmererfinder Klage.

Vor dem OLG Frankfurt wurde über diesen Streit eine Leitsatzentscheidung gefällt. Der Erfinder argumentierte, er habe einen Anspruch, weiter nach der bisherigen Formel vergütet zu werden. Die Arbeitgeberin wiederum argumentierte, er habe – wenn überhaupt – nur einen Vergütungsanspruch nach der neuen Formel, die erstmals den Anteilsfaktor enthält.
Und vor Gericht kam dazu noch der Aspekt der Unbilligkeit gemäß § 23 Abs. 1 ArbnErfG in Bezug auf die Forderungen des Arbeitnehmererfinders.

Der Sachverhalt


In dem vorliegenden Fall wurde der Arbeitnehmererfinder bis 2016 nach Vereinbarung vergütet, die x % der mit den erfindungsgemäßen Produkten erzielten Nettoerlöse vorsah, abgestaffelt für hohe Umsätze. Diese Vereinbarung berücksichtigte den Miterfinderanteil, der Anteilsfaktor wurde bei der Bemessung der Vergütungshöhe aber nicht einbezogen.
2017 wurde das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen beendet. In diesem Kontext wurde vertraglich festgehalten, dass keinerlei Tatsachen mehr vorliegen, die Ansprüche irgendwelcher Art aus dem Arbeitsverhältnis begründen.

Im April 2018 übersandte die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmererfinder die Abrechnung der Erfindervergütung für das Jahr 2017. Diese wurde nach einem neuen Abrechnungssystem ermittelt, das einen Anteilsfaktor xy vorsah und nach Patentfamilien differenzierte Lizenzsätze. Der Arbeitnehmererfinder widersprach dieser Abrechnung unmittelbar im April 2018.
Dennoch berechnete die Arbeitgeberin auch die Erfindervergütung für das Jahr 2018 mit den gleichen, bereits beanstandeten Parametern. Der Arbeitnehmererfinder klagte daher auf Zahlung ausstehender Erfindervergütung für die Jahre 2017 und 2018 sowie auf Feststellung, dass die Formel, nach der die Beklagte die Erfindervergütung bis 2016 abgerechnet hat, bis zum Ende der Laufzeit der Schutzrechte Gültigkeit besitzt.

Die Klage war erfolgreich vor dem erstinstanzlichen Landgericht Frankfurt. Mit Urteil vom 9.9.2020 (LG Frankfurt, 2-6 O 306/19) wurde der Klage stattgegeben und entschieden, dass die bis 2016 angewandte Formel verbindlich bleibt und dass diese bisherige Regelung insbesondere auch nicht nichtig ist wegen Nichtberücksichtigung des Anteilsfaktors gemäß § 23 ArbnErfG.
Gegen diese Entscheidung legte die Arbeitgeberin Berufung ein. Das OLG Frankfurt entschied darüber mit folgenden interessanten Details, die auch eine Leitsatzentscheidung beinhalten (Entscheidung vom 03.03.2022, OLG Frankfurt, 6 U 172/20).

Gelten arbeitsrechtliche Vereinbarungen für die Arbeitnehmererfindervergütung?


Zunächst einmal stellte das OLG Frankfurt fest, dass arbeitsrechtliche Verträge oder Klauseln nur Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis betreffen. Arbeitnehmererfindungsrechtliche Vergütungsansprüche sind aber keine arbeitsvertraglichen Ansprüche. Daher, erklärte das OLG, waren die Vergütungsansprüche des Arbeitnehmererfinders von dem vertraglichen Verzicht auf Ansprüche „irgendwelcher Art“ nicht erfasst.

Bestand ein Anspruch, weiter nach der bisherigen Formel vergütet zu werden?


Das OLG verneinte jedoch die Ansicht des Arbeitnehmererfinders, er habe einen Anspruch, weiterhin nach der bisherigen Formel vergütet zu werden.

Im Streitfall erfolgte die Festsetzung der bis 2016 angewandten Vergütung durch eine Mitteilung des Geschäftsführers der Beklagten an den Kläger vom 17.1.2012. Die Festsetzung war gemäß § 12 Abs. 2 ArbnErfG für beide Teile verbindlich. Es gebe jedoch keine Anhaltspunkte dafür, erläuterte das Gericht, dass die frühere Vereinbarung eine Verbindlichkeit auch im Verhältnis der Arbeitgeberin zu anderen Arbeitnehmern haben könnte.

Es handele sich insbesondere nicht um eine Gesamtzusage, ergänzte das OLG. Die Vereinbarung aus dem Jahr 1993 habe, ungeachtet der Tatsache, dass die Beklagte sich in den Folgejahren offenbar immer an die dort verwendete Formel gehalten hat, auch keine sogenannte „betriebliche Übung“ begründet, die nach Arbeitsvertragsrecht vorliegen könnte.
Die neue, seit 2017 vorgenommene Vergütungsberechnung richtet sich dagegen nach einer früheren, zwischen der Arbeitgeberin und den Arbeitnehmern X und Y geschlossenen Vereinbarung.

Das OLG Frankfurt entschied, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf hat, für seine Diensterfindungen weiterhin nach der Formel vergütet zu werden, die bis zum Jahr 2016 angewendet wurde.

Unbilligkeit gemäß § 23 Abs. 1 ArbnErfG


Mehr noch, die bisherige Vergütungsvereinbarung gemäß der bis 2016 angewandte Formel ist nach der Entscheidung des OLG nichtig, und zwar wegen Unbilligkeit gemäß § 23 Abs. 1 ArbnErfG. Weil die vereinbarte bzw. festgesetzte Vergütung den Anteilsfaktor nicht berücksichtigt, liege ein Fall der Unbilligkeit vor.

Die Leitsatzentscheidung:
„Eine Vergütungsvereinbarung kann nach § 23 Abs. 1 ArbnErfG unbillig sein, wenn ein erhebliches Missverhältnis zwischen vereinbarter und gesetzlich geschuldeter Vergütung deshalb besteht, weil in der Vereinbarung kein Anteilsfaktor angesetzt ist.“

Das OLG Frankfurt erläuterte diese Entscheidung. Nach der ständigen Entscheidungspraxis der Schiedsstelle ist eine Vergütungsvereinbarung dann in erheblichem Maße unbillig, wenn die nach dem ArbnErfG und den Vergütungsrichtlinien geschuldete angemessene Vergütung des Arbeitnehmers um mindestens das Doppelte überschritten wurde (Bartenbach/Volz § 23 ArbnErfG Rn 22.1, 22.2). Zudem liegt eine erhebliche Unbilligkeit nur dann vor, wenn von Anfang an ein objektiv ungerechtfertigtes erhebliches Missverhältnis zwischen der vereinbarten bzw. festgesetzten Vergütung und der gesetzlich geschuldeten Vergütung besteht.

Erfindervergütung ohne Anteilsfaktor kann unbillig sein


Das aber sei der Fall, wenn wie vorliegend kein Anteilsfaktor festgesetzt ist, erklärte das OLG. Würde man den für die neue Berechnung der Vergütung genannten Parametern des Arbeitnehmererfinders folgen (insbesondere die Wertzahl und die Lizenzsätze), wäre die festgesetzte Vergütung nur dann nicht überhöht, wenn der Anteilsfaktor 0,5 betragen würde. Das aber ist für akademisch ausgebildete Mitarbeiter bei weitem zu hoch, erläuterte das OLG und verwies auf die Praxis einiger Unternehmen, für akademisch ausgebildete Mitarbeiter von einem Anteilfaktor von 0,13 auszugehen (Bartenbach/Volz, RL Nr. 30 Rn 27; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 30.4.2020 - 6 U 125/12).
Einen ergänzenden vertraglichen Vergütungsanspruch habe der Kläger nicht, da die getroffene Vergütungsregelung gemäß § 23 ArbnErfG nichtig ist.

Der Berufung wurde daher stattgegeben vom OLG Frankfurt und dadurch wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 9.9.2020 folgendermaßen abgeändert: die Feststellungsklage gegen die Arbeitgeberin ist unbegründet. Die Klage des Arbeitnehmererfinders wird abgewiesen. Allerdings ist diese Entscheidung noch vor dem BGH anhängig (X ZR 37/22).

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