Erfindungswert für Industrie Software Erfindung
Wird eine Erfindung in einer Betriebssoftware von Anlagen implementiert, ist zu unterscheiden zwischen Neuanlagen und Bestandsanlagen. Denn üblicherweise errechnet sich der Erfindungswert für die Erfindervergütung gestützt auf der Grundlage des anteiligen Umsatzes, der durch die Erfindung geprägt wird. So geht man auch vor, wenn eine Arbeitnehmererfindung in Industrie Software als Betriebssoftware von Anlagen in Neuanlagen verbaut wird.
Wird die Erfindung aber in Bestandsanlagen erfindungsgemäß nachgerüstet, kann hingegen der betriebliche Nutzen dieser Nachrüstung zu berücksichtigen sein.
Ein solcher Fall lag der Schiedsstelle des DPMA zur Entscheidung vor (Entscheidung Arb.Erf. 21/19).
Der Sachverhalt
In diesem konkreten Fall vor der Schiedstelle des DPMA handelte es sich um eine Erfindung, die in die Betriebssoftware implementiert wurde, um bedarfsabhängig bzw. temperaturabhängig in den Anlagenbetrieb einzugreifen. Nach Auskunft der Arbeitgeberin sei diese Implementierung nur in insgesamt 6 Anlagen vorgenommen worden, vier Neuanlagen und zwei Bestandsanlagen. Die Bestandsanlagen seien erfindungsgemäß nachgerüstet wurden, um die volle vertraglich zugesicherte Betriebsleistung auch bei hohen Umgebungstemperaturen sicher zu stellen.
Schutzrechtspositionen haben demnach für diese Implementierung nur während der PCT-Phase bestanden. Das erfindungsgemäße Verfahren ist Gegenstand einer Patentfamilie geworden, der u.a. auch ein europäisches Patent angehört, das jedoch nur in Italien validiert wurde.
Während der vorangegangenen PCT-Phase war die erfindungsgemäße Lehre zur Erteilung eines Patents u.a. auch mit Wirkung für hitzerelevanten Länder angemeldet. Nationalisiert wurde die Anmeldung jedoch in keinem dieser Länder. Alle aufgegebenen Schutzrechtspositionen wurden den Antragstellern zur Übernahme angeboten, davon hatten sie aber keinen Gebrauch gemacht.
Zum Streitfall kam es, weil die Antragsteller (zwei Miterfinder) nicht einverstanden waren mit der von der von der Arbeitgeberin bezahlten Erfindervergütung. Unstreitig war der Anteilsfaktor für die Berechnung der Erfindervergütung, strittig aber der angesetzte Erfindungswert.
Ermittlung des Erfindungswerts
Ausgangspunkt für die Ermittlung des Erfindungswerts ist stets der Umfang der aus einem Patent resultierenden Monopolstellung. Daher ist auch bei der Ermittlung des Erfindungswerts nach dem erfassbaren betrieblichen Nutzen nur das Delta relevant, das den Abstand vom allgemeinen Stand der Technik ausmacht. Außerdem ist für den Vergütungsanspruch entscheidend nur die Bedeutung, die Wettbewerber der Erfindung mutmaßlich zumessen, und was sie deshalb zum Gegenstand eines Lizenzvertrags machen würden.
Diese Grundsätze gelten auch bei innerbetrieblich wahrgenommenen Erfolgen der technischen Lösung.
Für die komplexe Errechnung der Erfindervergütung werden auf dieser Basis Lizenzverträge angenommen, die die Multiplikation eines von den Vertragsparteien zu Grunde gelegten erfindungsgemäßen Umsatzanteils mit einem marktüblichen Lizenzsatz vorsehen.
Daher ist es nach Ansicht der Schiedsstelle sachgerecht, auch bei der fiktiven Nachbildung des Lizenzvertrags zu überlegen, auf welche Nettoumsätze vernünftige Lizenzvertragsparteien in einem Lizenzvertrag abgestellt hätten (Bezugsgröße) und welchen Lizenzsatz sie darauf angewendet hätten.
Dabei sind grundsätzlich zwei verschiedene Ansätze denkbar:
i) Multiplikation eines Umsatzanteils, der durch Merkmale der Patentansprüche geprägt wird
ii) den tatsächlich erwirtschafteten monopolgeschuldeten wirtschaftlichen Vorteil als Bezugsgröße heranzuziehen und maximal 1/3 bis 1/8, im Schnitt 1/5 davon als Lizenzsatz anzusehen
Der letztgenannte Ansatz kommt nur selten vor. In ihrer Entscheidung Arb. Erf. 21/19 aber stützte sich die Schiedsstelle auch auf diesen Ansatz.
Erfindungswert für Arbeitnehmererfindung Industrie Software
Im vorliegenden Fall macht die Arbeitgeberin Umsatzgeschäfte mit den erfindungsgemäßen Anlagen.
Nach Auffassung der Schiedsstelle erschien es realitätsnah, dass vernünftige Lizenzvertragsparteien hinsichtlich der vier Neuanlagen einen Lizenzsatz auf Grundlage des Umsatzes vereinbart hätten (gemäß Ansatz i)). Hinsichtlich der zwei Bestandsanlagen hingegen sei es möglich, dass sie den betrieblichen Nutzen herangezogen hätten (gemäß Ansatz ii)).
Denn hier war es erforderlich, kurzfristig eine nachträgliche Lösung zu implementieren, die nicht vom eigentlichen Produktumsatz erfasst war und die aufgrund von Gewährleistungsansprüchen auch nicht gesondert in Rechnung gestellt werden konnte. Deshalb habe dies auch keinen erfindungsgemäßen Umsatz generiert.
Allerdings war in den Bestandsanlagen eine Ersparnis durch den erfindungsgemäßen Umbau erreicht worden, als konkreter Wert der Ersparnis wurden 32.200 € pro Anlage geschätzt, für beide Anlagen also 64.000 €. Nach Einschätzung der Schiedsstelle seien davon 1/5 zum Gegenstand der Lizenzgebühr zu machen, woraus sich ein Erfindungswert von 12.880 € ergibt. Dazu addiert sich als Erfindungswert 1.280 € aus der Erfindungsnutzung in den vier Neuanlagen.
Zudem war von der Arbeitgeberin ein Risikoabschlag einberechnet worden. Das sei auch rechtsmäßig, erklärte die Schiedsstelle, doch dennoch empfahl sie, auf den Risikoabschlag zu verzichten. Denn da tatsächlich ein europäisches Patent erteilt worden ist, sei auch für die nicht realisierten nationalen PCT Anmeldungen von einer sehr hohen Erteilungswahrscheinlichkeit auszugehen.
Der Erfindungswert ist im Übrigen nicht gleichzusetzen mit der Erfindervergütung. Der Erfindungswert wird zunächst noch multipliziert mit dem Anteilsfaktor, erst das Ergebnis ist die tatsächliche Erfindervergütung.
Erfindervergütung im Verhältnis zu hohen Umsätzen
Das Prinzip der Erfindervergütung im Ausgleich für das aus der Erfindung resultierende Monopolrecht für den Arbeitgeber ist vom Gesetzgeber gestaltet mit Hinblick auf Wettbewerb und reelle Marktsituation. Daher steigt die Höhe der Erfindervergütung auch nicht gleichzeitig mit der Höhe der Umsätze, die der Arbeitgeber mit der Erfindung erreichen kann. Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass hohe Umsätze nicht nur durch die erfindungsgemäße Lehre, sondern vielmehr durch die Marktstellung des Arbeitgebers erreicht werden.
Daher sind Unternehmen nicht zur Auskunft über den mit dem einzelnen erfindungsgemäßen Produkt konkret erzielten Gewinn verpflichtet. Außerdem können Lizenzsätze bei hohen Stückzahlen oder Umsätzen gegebenenfalls gestaffelt werden.
Einmal mehr zeigt sich, dass die Berechnung der Erfindervergütung ein sehr komplexes Thema ist.
Unsere Kanzlei bietet zu dem gesamten Bereich der Arbeitnehmererfindungen langjährige Expertise.
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