Geheimnisschutz beim UPC
Geheimnisschutz in Verfahren vor Gericht ist immer wieder eine Frage, die in der Praxis gestellt wird. Jetzt gibt es zum Geheimnisschutz eine erste Entscheidung des UPC, des Einheitspatentgerichts.
Insbesondere Codierung bildet das Herzstück des eigenen Know-Hows, das in einem Verfahren vor Gericht möglichst nicht offengelegt werden soll. Das gilt im Bereich von Codierung von Soft- und Hardware und im Bereich Künstliche Intelligenz und im Bereich der Telekommunikation sowie auch im Bereich Biowissenschaft, Genetik und Pharma - kurz dort, wo Codierung quasi als „Bio“ Codierung vorkommt, etwa in genetischen Bausteinen und Sequenzierung.
Um ein solches Patent aus dem Bereich der Biowissenschaften ging es im vorliegenden Fall vor dem UPC, entschieden zu dem Thema Geheimnisschutz (UPC, UPC_CFI_463/2023, vom 14. Februar 2024). Die Streitparteien sind 10x Genomics Inc. (USA) und Curio Bioscience Inc. (USA), das Streitpatent ist das Europäische Patent EP 2 697 391 B1, das ein Verfahren und ein Produkt für die räumliche Erkennung von Nukleinsäuren in einer Gewebeprobe beschreibt.
Im Zuge eines Patentverletzungsverfahrens hatte die Antragstellerin 10x Genomics Inc. einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen Curio Bioscience Inc. gestellt. Unmittelbar vor Ablauf der Einspruchsfrist wünschte die Antragsgegnerin eine Anordnung von Maßnahmen zum vorläufigen Geheimnisschutz vertraulicher Informationen.
Antrag auf Geheimnisschutz beim UPC
Das ist ein ganz normaler Vorgang, das UPC bietet ein abgestuftes Verfahren zur Antragstellung von Geheimnisschutz über das sogenannte Case Management System (CMS) an.
Im Workflow des CMS kann ein vorläufiger Schutz zur Geheimhaltung angeordnet werden. Im Regelfall wird dies die zugangsberechtigten Personen der Gegenseite beschränken, und zwar bis zur abschließenden Entscheidung über den beantragten Geheimnisschutz.
In der Praxis sieht das wie folgt aus:
Eine bestimmte Information, z. B. eine Codierung, soll unter Geheimnisschutz gestellt werden. Es wird also ein geschwärztes Dokument angefertigt, das die geheimen Informationen unlesbar macht. Es ist aber zu beachten, dass dem UPC zusammen mit einem Geheimnisschutzantrag nach R. 262A VerfO stets zusätzlich vollständig ungeschwärzte Fassungen des betreffenden Dokuments vorzulegen sind (EN: unredacted version). Diese stehen ausschließlich dem Gericht – hier also dem UPC – zur Einsicht offen, um dem Gericht eine Entscheidung in Kenntnis des angeblich geheimhaltungsbedürftigen Vortrags zu ermöglichen.
Sämtliche eingereichten Dokumente stehen dabei unter einem vorläufigen Geheimnisschutz.
Geheimnisschutz und dessen Freigabe
Für die Gegenseite ist zunächst also ausschließlich die geschwärzte Version sichtbar, und zwar bis die ungeschwärzte Fassung durch die Sub-Registry der Lokalkammer und nur auf explizite Anweisung des Richters hin freigegeben wird.
Kommt es zur Freigabe, wird In einem ersten Schritt das Dokument zunächst nur dem Parteivertreter der Gegenseite freigegeben, es sei denn, der Antragsteller hätte selbst die Freigabe auch an weitere, noch vom gegnerischen Vertreter zu benennende Personen gestattet.
Hält der Berichterstatter ausnahmsweise eine vorläufige Geheimnisschutzanordnung für entbehrlich, gebietet es der Grundsatz der Fairness, die Geheimnisschutz begehrende Partei vor einer Freigabe der ungeschwärzten Fassung zu informieren. Dabei wird gleichzeitig eine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Die betreffende Partei hat die Möglichkeit, auf die drohende Freigabe der aus ihrer Sicht geheimhaltungsbedürftigen Informationen zu reagieren. Letztlich kann sie erklären, dass die betreffenden Dokumente nicht oder nicht in vollem Umfang zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden sollen.
Wie viele Vertreter der Gegenpartei können Einsicht nehmen?
Zu den Maßnahmen zum vorläufigen Geheimnisschutz vertraulicher Informationen, die in der hier vorgestellten UPC Entscheidung von der Antragsgegnerin gefordert wurden, gehörte auch eine Beschränkung des Zugriffs der Gegenpartei auf lediglich zwei rechtsanwaltliche Vertreter.
Das lehnte das UPC jedoch ab, schon allein mit Hinweis auf eine effektive Verfahrensführung und die knappen Fristen in einem Eilverfahren wie das vorliegende. Da es sich um ein Eilverfahren handelt, sah das UPC eine Beschränkung auf vier rechtsanwaltliche Vertreter (zwei Partner und zwei Associates zu deren Unterstützung), zwei patentanwaltliche Vertreter sowie drei Vertreter der Mandantin als gestattungsfähig an (UPC_CFI_463/2023 LK Düsseldorf).
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