Verkauf eines Patentportfolios
Wie ist beim Verkauf eines Patentportfolios der Erfindungswert für Arbeitnehmererfindungen zu ermitteln? Wenn sich der Kaufpreis nicht aus einer Aufsummierung der für die einzelnen Patentfamilien verhandelten Einzelkaufpreise zusammensetzt, was ist dann der Ausgangspunkt für die Ermittlung des Erfindungswerts: der Bruttoertrag? Oder eine Wertanalyse?
Zu einer solchen Fallkonstellation gab die Schiedsstelle des DPMA einen interessanten Einigungsvorschlag heraus (Arb.Erf. 30/17). In der Sache ging es um den Verkauf eines Patentportfolios, bei dem 177 Patentfamilien als Gesamtverkauf gehandelt wurden. Die Arbeitgeberin hatte dafür einen Kaufpreis von 40.000.000 € erhalten. Der Antragsteller war Miterfinder zu 1/3 der von diesem Verkauf betroffenen Patentfamilien.
Kaufpreisanteil am Patentportfolio über Wertanalyse?
Striitig zwischen den Beteiligten war der aus dem Verkauf der Patentfamilie resultierende Erfindungswert.
Die Arbeitgeberin hatte geltend gemacht, dass 90 % des Kaufpreises auf Patentfamilien entfallen, die standard-essentielle Patentfamilien sind. Diese seien sogenannte „value driver“. Die Arbeitgeberin hatte für diese Patentfamilien zur Ermittlung des vergütungspflichtigen Erfindungswerts einen Umrechnungsfaktor von 25 % angewandt.
Der Antragsteller ist dahingegen der Auffassung, dass zur Ermittlung des auf seine Diensterfindung entfallenden Kaufpreisanteils eine Wertanalyse der betroffenen Patentfamilien durchzuführen sei und der vergütungspflichtige Erfindungswert durch einen Umrechnungsfaktor von 40 % zu ermitteln sei.
Erfindungswert beim Verkauf eines Patentportfolios
Im vorliegenden Fall hatte die Antragsgegnerin die Diensterfindung als Teil eines Schutzrechtspaktes verkauft. Die Schiedsstelle verfasste zu diesem Fall mehrere nicht-amtliche Leitsätze. Demnach ist der auf ein einzelnes Patent entfallende Kaufpreisanteil auf Grundlage der Wertvorstellungen der Kaufvertragsparteien zu ermitteln, die zum Abschluss des Kaufvertrags geführt haben – nicht aber über eine Wertanalyse der Patentfamilien.
Zur Ermittlung des Erfindungswerts war daher zunächst zu ermitteln, welcher Anteil an dem zugeflossenen Kaufpreis von 40.000.000 € auf die Diensterfindung des Antragstellers entfällt (Bruttoertrag). Konkret errechnete die Schiedsstelle den Bruttoertrag von 40.000.000 € x 0,7 / 19 = 1.473.684 €. Sie sah es als sachgerecht, dass die Arbeitgeberin den als „value driver“ bezeichneten Patentfamilien 90 % des Kaufpreises zuweist.
„Ausgangspunkt für die Ermittlung des Erfindungswerts ist jedoch nicht dieser Bruttoertrag. Von diesem sind zunächst erfindungsneutrale Positionen abzuziehen, um zum Nettoertrag zu gelangen. Darüber hinaus muss ein beträchtlicher Teil des Nettoertrags als Unternehmensgewinn beim Unternehmen verbleiben, um dem Unternehmenswagnis Rechnung zu tragen. Deshalb stellen 20 % bis 50 %, in der Regel 40 % des Nettoertrags den Erfindungswert dar“, heißt es im nicht-amtlichen Leitsatz der Schiedsstelle.
Know-How Anteil beim Verkauf eines Patentportfolios
Ist die Ermittlung des Nettoertrags aus dem Bruttoertrag nicht möglich, „bleibe nur die Möglichkeit, die Bereinigung des Bruttoertrags auf den Nettoertrag und den Abzug des Unternehmensgewinns pauschal in einem Schritt vorzunehmen, indem 16 % bis 40 %, im Regelfall 25 % des Bruttoertrags als Erfindungswert angesehen werden“, erläuterte die Schiedsstelle in einem weiteren nicht-amtlichen Leitsatz. Damit ist dann auch ein möglicher Abzug von Know-how abgegolten, der oftmals ebenfalls Gegenstand von Lizenzverträgen und Schutzrechtsverkäufen ist, wie die Schiedsstelle erklärte.
Im vorliegenden Fall, in dem 90 % der Patentfamilien den standard-essentiellen Patenten zuzurechnen sind, erscheine ein pauschaler Umrechnungsfaktor von 35 % auf den Bruttoverkaufspreis angemessen, um zum Erfindungswert zu gelangen, empfahl die Schiedsstelle und legte dies auch als weiteren nicht-amtlichen Leitsatz fest:
„War die Übertragung der zu bewertenen Patente wertbestimmend bei der Verhandlung des Kaufpreises, so dass davon ausgegangen werden kann, dass etwaiges mit übertragenes Know-how keine oder eine sehr untergeordnete Rolle gespielt hat, dann erscheint ein deutlich über dem Regelwert liegender pauschaler Umrechnungsfaktor von 35 % auf den Bruttoverkaufspreis angemessen, um zum Erfindungswert zu gelangen.“
Vorliegend errechnete die Schiedsstelle den Erfindungswert von
1.473.684 € (Bruttoertrag) x 0,35 (pauschaler Umrechnungsfaktor) = 515.789 €.
Anteilsfaktor und Wert der Arbeitnehmererfindungsvergütung
Weiterhin striitig war der zur Ermittlung der Arbeitnehmererfindungsvergütung anzusetzende Anteilsfaktor. Der Anteilsfaktor wird mittels der Addition von Wertzahlen und daran anschließender Umrechnung in Prozentzahlen ermittelt. Typischerweise liegen die Vorstellung zum Anteilsfaktor häufig weit auseinander zwischen Arbeitnehmererfindern und Arbeitgebern, und so war es auch in diesem vorliegenden Fall.
Die Arbeitgeberin ging von einem Anteilsfaktor von 11,5 % (a=2+b=2,5+c=2) aus.
Der Antragsteller, der promovierter Diplomingenieur ist und als Leiter einer an die Forschung angegliederten Standardisierungsdienststelle eingesetzt war, beanspruchte dagegen einen Anteilsfaktor von 51 % (a=5+b=4,5+c=5).
Die Schiedsstelle entschied sich für einen Anteilsfaktor von 14 % mit den Wertzahlen a = 2 + b = 2,5 + c = 3. In Bezug auf die Wertzahlen a und b war die Schiedsstelle also gleicher Ansicht wie die Arbeitgeberin, allerdings sah sie die Wertzahl c=2 als zu gering an. Entscheidend sei der durch die Stellung des Arbeitnehmererfinders ermöglichte Einblick in die Entwicklung im Unternehmen, erklärte die Schiedsstelle. Da der Verantwortungsbereich des Antragstellers an den Forschungsbereich angegliedert war und er zudem eine Führungsfunktion wahrgenommen hat, hielt die Schiedsstelle die Wertzahl „c=3“ für angemessen.
Im vorliegenden Fall ergab sich also eine Erfindervergütung in Höhe von
515.789 € (Erfindungswert) / 3 (Miterfinderanteil) x 0,14 (14 % Anteilsfaktor) = 24.070 €.
Verkauf des Patentportfolios – in welcher Höhe die Erfindervergütung?
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