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EuGH: Handelsnamen im Markenrecht



Handelsname - älteres Recht

In einem Konflikt um ähnliche Handelsnamen, die alle nach nationalem Recht anerkannt sind – und von denen einer später als Marke eingetragen wurde – entschied der EuGH im Fall Classic Coach Company über die Rechte aus der Marke nach Art. 6 Abs. 2 im Hinblick auf Handelsnamen und auf den Begriff des "älteren Rechts“.

Der Ausgangsrechtsstreit zu dieser interessanten EuGH Entscheidung (Urteil vom 2. Juni 2022, C 112/21, ECLI:EU:C:2022:428) ist ein Konflikt zwischen mehreren identischen oder ähnlichen Handelsnamen, die alle nach nationalem Recht anerkannt sind - und von denen einer später von seinem Inhaber als Marke eingetragen wurde.
Das mit diesem Fall befasste Gericht (Hoge Raad der Nederlanden, Niederlande) bat in diesem Kontext den EuGH um Auslegung des „älteres Recht“ eines Dritten im Sinne von Art. 6 Abs. 2 der aufgehobenen Richtlinie 2008/95/EG.

Ist es für ein solches „älteres Recht“ eines Dritten ausreichend, dass dieser Dritte ein nationales anerkanntes Recht vor der Hinterlegung der Marke im geschäftlichen Verkehr benutzt hat?
Oder ist es erforderlich, dass dieser Dritte die Benutzung der Marke durch ihren Inhaber aufgrund dieses älteren Rechts untersagen kann?

Das höchste Europäische Gericht nahm diesen Fall zum Anlass, sich eingehend mit Handelsnamen und dem sogenannten "älteren Recht“ auseinander zu setzen in Auslegung von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/95/EG.

Grundsätzlich: Schutz von Handelsnamen ist für WTO-Mitglieder verbindlich

Grundsätzlich verwies der EuGH auf den Erwägungsgrund 5 der Richtlinie, demnach die EU Mitgliedstaaten auch weiterhin das Recht haben, durch Benutzung erworbene Marken zu schützen; lediglich ihr Verhältnis zu den durch Eintragung erworbenen Marken würden durch die Richtlinie geregelt (Rn. 9). Ebenso grundsätzlich stellte der EuGH fest, dass der Handelsname ein Recht darstellt, das unter den Ausdruck "geistiges Eigentum" im Sinne von Art. 1 Abs. 2 des TRIPS-Übereinkommens fällt (Rn. 37). Der Schutz von Handelsnamen sei daher für die WTO-Mitglieder aufgrund des TRIPS-Übereinkommens verbindlich, erklärte das Gericht.


Der Begriff "älteres Recht"



Länger setzte sich das Gericht mit dem Begriff "älteres Recht" im Sinne von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/95 auseinander. Dieser sei im Licht der in Texten des internationalen Rechts enthaltenen gleichwertigen Begriffe und in einer Weise auszulegen, erläuterte der EuGH, wobei auch der Kontext dieser Begriffe und die Zielsetzung der einschlägigen Bestimmungen der Übereinkünfte im Bereich des geistigen Eigentums zu berücksichtigen sind.
Der EuGH ergänzte, im Übrigen sei nach Art. 4 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2008/95 unter dem Begriff "älteres Recht" insbesondere ein gewerbliches Schutzrecht zu verstehen (Rn. 41).

Daraus schlussfolgerte das Gericht, dass ein Handelsname für die Zwecke der Anwendung von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/95 ein älteres Recht darstellen kann (Rn. 43 – 47).
Auch müssen "ältere Rechte" im Sinne von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/95 nur von örtlicher Bedeutung sein (Rn. 48).

Das bedeute, erklärte der EuGH, dass sie sich in geografischer Hinsicht nicht auf ein Gebiet erstrecken können, das so groß ist wie das von einer eingetragenen Marke erfasste, das ja so weit reicht, wie eine Marke eingetragen wird.

Schlussendlich beantwortete der EuGH die Vorlagefrage so: es reiche nach Art. 6 Abs. 2 grundsätzlich aus, dass ein älteres Recht wie etwa ein Handelsname nach nationalem Recht eines EU Staats anerkannt ist und im geschäftlichen Verkehr benutzt wird, um dem Inhaber einer jüngeren Marke entgegenhalten werden zu können. Für den Inhaber einer Marke ist es daher unmöglich, einem Dritten die Benutzung eines älteren Rechts von örtlicher Bedeutung im geschäftlichen Verkehr zu untersagen.

Wenn allerdings – wie im vorliegenden Fall - der Inhaber der jüngeren Marke über ein noch älteres Recht verfügt, das ebenfalls nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats anerkannt ist, dann ist nach den nationalen Regeln zu entscheiden und nach dem Verhalten der Parteien. Denn wenn sich der Inhaber der jüngeren Marke auf sein noch älteres Recht stützt, kann er sich der Geltendmachung eines älteren Rechts tatsächlich widersetzen oder diese beschränken. Dies gemäß dem einschlägigen nationalen Recht zu prüfen, ist im vorliegenden Fall Sache des vorlegenden Gerichts, entschied der EuGH.

Das "ältere Recht" im Sinne der EU Richtlinie könne jedenfalls einem Dritten dann zuerkannt werden - obwohl der Inhaber der jüngeren Marke über ein noch älteres und anerkanntes Recht an dem als Marke eingetragenen Zeichen hat -, sofern der Inhaber der Marke und des noch älteren Rechts die Benutzung seines jüngeren Rechts durch den Dritten nicht mehr verbieten kann.

Fazit:


Handelsnamen können somit ein älteres Recht im Sinne von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/95 darstellen. Jedoch ist zu beachten, dass diese „ältere Rechte“ im Sinne von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/95 nur von örtlicher Bedeutung sein dürften. Bei einer Marke hingegen erstreckt sich der Schutz auf das gesamte Gebiet, für das sie eingetragen worden ist. Möchte man den Schutz seines Handelsnamens demnach ausdehnen, ist eine Markenanmeldung sinnvoll.

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