Louboutin vs. Amazon vor dem EuGH: Markenverletzung durch Drittverkäufer?
Der EuGH hat eine wichtige Entscheidung getroffen in der Causa Louboutin versus Amazon. Ist Amazon als ‚neutraler Vermittler‘ anzusehen oder steht Amazon in Verantwortung für Markenverletzungen, die durch Drittverkäufer über die Amazon Plattform stattfinden? Der EuGH entschied darüber am 22. Dezember 2022 (verbundene Rechtssachen C 148/21 und C 184/21).
Louboutin: berühmter Luxusschuh mit roter Sohle
Seit 2016 hat Herr Louboutin, ein französischer Designer von weltberühmten Luxusschuhen und Handtaschen, die Farbe Rot, die auf der Außensohle eines hochhackigen Schuhs angebracht ist, als Unionsmarke eintragen lassen. 2018 entschied der EuGH bereits über die Rechtmäßigkeit dieser Unionsmarke auf die rote Sohle, angemeldet als Positionsmarke (C 163/16). Van Haaren, ein Tochterunternehmen von Deichmann, hatte in diesem Rechtsstreit geltend gemacht, die Louboutin Marke sei eine zweidimensionale Bildmarke in der Farbe Rot, die der Form der Schuhe entspreche und ihnen einen wesentlichen Wert verleihe. Darum sei die Louboutin Marke für nichtig zu erklären.
Der EuGH wies dies jedoch zurück. Die Louboutin Marke bezieht sich nach Ansicht des EuGH nicht auf eine bestimmte Form der Sohle von hochhackigen Schuhen, sondern die Form solle die Aufbringung einer Farbe an einer bestimmten Stelle dieser Ware schützen. Dies könne nicht als „ausschließlich“ aus der Form bestehend angesehen werden, nur dann sei das Zeichen als Marke nicht schutzfähig.
Louboutin versus Amazon: Markenstreit seit 2016
Auf seine Unionsmarke bezieht sich Kläger Louboutin gegenüber Amazon, ein Markenstreit seit 2016. Über die Verkaufsplattform von Amazon (USA) werden verschiedene Waren verkauft, die sowohl direkt, im eigenen Namen und im eigenen Auftrag von Amazon, als auch indirekt, durch Bereitstellung einer Verkaufsplattform für Drittverkäufer, angeboten werden. Amazon unterstützt Drittverkäufern auch durch zusätzliche Dienstleistungen wie der Lagerhaltung, des Versands und die Rücknahme ihrer Waren. Auf den Webseiten von Amazon erscheinen regelmäßig Verkaufsanzeigen für rotbesohlte Schuhe, die laut Kläger Louboutin ohne seine Zustimmung in Verkehr gebracht worden sind. Dies verletze seine Unionsmarke.
Herr Louboutin erhob zwei Verletzungsklagen gegen Amazon:
beim Tribunal d'arrondissement de Luxembourg und beim Tribunal de l'entreprise francophone de Bruxelles (französischsprachiges Gesellschaftsgericht Brüssel, Belgien).
Vorlagefragen an den EuGH
Jedes dieser Gerichte beschloss, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Reihe von Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Im Wesentlichen möchten die Gerichte vom EuGH geklärt wissen, ob der Betreiber einer Online-Verkaufswebseite mit eigenem Online-Marktplatz für Produkte Dritter eine Markenverletzung begeht, wenn Drittverkäufer über diesen Online-Marktplatz Waren anbieten, die eine Marke verletzen.
Online Plattform Betreiber argumentieren gerne und oftmals erfolgreich, sie seien als bloßer Hosting-Anbieter von Websites oder als neutraler Vermittler anzusehen und daher nicht verantwortlich für die Rechtsverletzung Dritter.
Herr Louboutin fordert, dass Amazon in Verantwortung zu sehen ist für die Markenverletzung durch Drittverkäufer, die über die Amazon Plattform stattfindet. Insbesondere da Amazon Drittanbietern auch bei der Optimierung der Präsentation ihrer Angebote Unterstützung gewähre, könne Amazon nicht als neutraler Vermittler angesehen werden.
EuGH: Markenverletzung durch Drittverkäufer bei Amazon
Der Gerichtshof wies zunächst darauf hin, dass der Begriff Benutzung in der EU-Markenverordnung nicht definiert ist. Dieser Begriff setze jedoch ein aktives Verhalten und die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle über die Handlung voraus, die die Benutzung darstellt. Benutzungsformen werden zwar in Art. 9 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 aufgelistet, dies ist aber nicht abschließend (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. April 2020, Coty Germany, C 567/18, EU:C:2020:267, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung) - und vor allem werden ausschließlich aktive Handlungen Dritter erwähnt.
Ob also ein Betreiber einer Online-Plattform wie Amazon verantwortlich zu sehen ist für eine Markenverletzung Dritter auf seiner Plattform, hängt nach Ansicht des EuGH von folgenden Faktoren ab:
Wie nimmt ein informierter und angemessen aufmerksamer Benutzer dieser Website die Waren wahr? Könnte ein solcher Benutzer den Eindruck gewinnen, dass Amazon selbst die - womöglich markenverletzenden - Waren von Drittverkäufern in seinem eigenen Namen und auf eigene Rechnung vertreibt?
Für eine solche Annahme würde sprechen, ergänzte der EuGH, wenn Drittverkäufer auf diesem Marktplatz ohne Zustimmung des Inhabers dieser Marke Waren zum Verkauf anbieten.
Folgendes ist nach Ansicht des EuGH ebenfalls von Bedeutung:
- der Umstand, dass dieser Betreiber die auf seiner Website veröffentlichten Angebote in einheitlicher Weise präsentiert, indem er sowohl die Anzeigen für die von ihm im eigenen Namen und für eigene Rechnung verkauften Waren als auch die Anzeigen für die von Drittverkäufern auf diesem Marktplatz angebotenen Waren anzeigt
- die Tatsache, dass Amazon das eigene Logo als renommierter Händler auf all diesen Anzeigen anbringt, und
- der Umstand, dass Amazon Drittverkäufern im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Waren, die das streitige Zeichen tragen, zusätzliche Dienstleistungen anbietet zur Lagerung und Versand der Waren.
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