BPatG: Künstliche Intelligenz DABUS als Erfinder?
Kann eine KI als Erfinder genannt und eingetragen werden? Diese Frage wird seit Jahren international im Patentrecht geführt. Dazu hat das Bundespatentgericht am 11. November 2021 eine Entscheidung getroffen. Das BPatG gab der Beschwerde des Eigentümers der KI teilweise statt, dessen Patentanmeldung bisher zurückgewiesen wurde, weil er die künstliche Intelligenz DABUS als Erfinder nennen wollte.
Die Leitsatzentscheidung des Bundespatentgerichts zu diesem Fall „Food Container“ (11 W (pat) 5/21) enthält zwei wichtige Grundsätze für computer-generierte Erfindungen:
i) Eine Erfindung, die von einer KI gemacht wird, ist grundsätzlich patentfähig.
ii) Erfinder kann nur eine natürliche Person sein, nie eine Maschine oder eine KI.
Der Sachverhalt
Entwickler der KI DABUS ist Ph.D. Stephen L. Thaler (USA), der sich bereits seit Jahrzehnten mit künstlicher Intelligenz beschäftigt. In Zyklen des Lernens und Verlernens bilden sich laut Stephen Thaler in DABUS dank der neuralen Netze Ergebnisse auf eine solche Weise, dass neue Ideen generiert werden.
In Zusammenarbeit von Artificial Inventor Project, einem internationalen Team von Patentanwälten – darunter auch Dr. Malte Köllner – , wurden für zwei der Erfindungen von DABUS Patentanmeldungen in verschiedenen Ländern und Patentämtern hinterlegt, u.a. in Europa, in den USA, in Australien, in Asien und bei der WIPO. Als Erfinder wurde jeweils DABUS benannt. In Deutschland stützt sich Stephen Thaler auf ein Team bestehend aus Patentanwalt Dr. Malte Köllner und Patentanwalt Markus Rieck. In dem hier beschriebenen Fall "Food Container", bei dem es um die Anmeldung eines fraktalen Containers ging, leitete Malte Köllner das Team.
In Deutschland wurde die Patentanmeldung zurückgewiesen. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2019 hat die zuständige Prüfungsstelle des DPMA dem Anmelder sinngemäß mitgeteilt, dass die eingereichte Erfinderbenennung nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspräche. Denn Erfinder im Sinne von §§ 37, 63 PatG könne nur eine natürliche Person sein. Hiergegen legt der Anmelder Beschwerde ein.
In der Beschwerde wurden 4 abgestufte Anträge vorgelegt, im Einzelnen wurde beantragt:
i) Hauptantrag: DABUS ist Erfinder
ii) 1. Hilfsantrag: niemand wird als Erfinder benannt
iii) 2. Hilfsantrag: Erfinderbenennung: Stephen L. Thaler, DABUS wird im ersten Absatz der Beschreibung erwähnt
iv) 3. Hilfsantrag: Erfinderbenennung: Stephen L. Thaler, der die künstliche Intelligenz DABUS dazu veranlasst hat, die Erfindung zu generieren.
Der Anmelder Mr. Thaler argumentierte, die unwahrheitsgemäße Erfinderbenennung führe ihn zu einem patentrechtlichen Dilemma: nach § 124 PatG ist jeder verpflichtet, wahrheitsgemäß den Erfinder zu benennen. Und das sei vorliegend DABUS. Weil aber die wahrheitsgemäße Erfinderbenennung zur Zurückweisung der Patentanmeldung führte, werde ihm das Recht auf das Patent verwehrt. Dies stelle einen Verstoß gegen Artikel 14 Grundgesetz dar.
Die Präsidentin des DPMA schloss sich dem vorliegenden Beschwerdeverfahren an und trat den Ausführungen des Anmelders in vollem Umfang entgegengetreten. Neben der Frage der Erfinderbenennung ging es daher vor dem Bundespatentgericht auch um die Zulässigkeit von ergänzenden Angaben in der Erfinderbenennung bei einer computer-generierten Erfindung.
Die Begründung
Die Beschwerde von Mr. Thaler hatte in der Sache teilweise Erfolg. Sie führte zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das DPMA.
Das Bundespatentgericht wies zunächst darauf hin, dass nach deutschem Recht eine Erfindung nach objektiven Gesichtspunkten beurteilt wird. Es ist gleichgültig, ob sie auf bewusstem Denken, systematischem Arbeitseinsatz mit planmäßigen Versuchen oder lediglich auf der Ausnutzung zufällig aufgedeckter, naturgesetzlicher Zusammenhänge beruht oder - wie hier - auf dem Einsatz von KI (vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, 9. Aufl., § 4 Rn. 13; BGH GRUR 2016, 475, 481 „Rezeptortyrosinkinase“).
Daraus aber ergebe sich zweierlei:
Zum einen bestehe kein Dilemma in Bezug auf die wahrheitsgemäße Erfinderbenennung (§ 124 PatG). Denn die Überzeugung von Mr. Thaler, seine von ihm entwickelte KI DABUS sei der Erfinder, sei lediglich eine Rechtsmeinung. Eine Äußerung einer Rechtsmeinung aber unterliegt nicht der Wahrheitspflicht (siehe auch BGH GRUR 2006 –Haftetikett). Insofern entstehe für den Anmelder Mr. Thaler auch kein rechtliches Hindernis, sich selbst als Erfinder zu benennen.
Dennoch, so erläuterte das BPatG, könne Mr. Thaler ein Rechtsschutzinteresse nicht abgesprochen werden. Seine Rechtsmeinung, DABUS müsse als Erfinder genannt werden, spiegelt eine Rechtsmeinung wider, die mittlerweile von einigen Stimmen für vertretbar angesehen wird. Beispielsweise habe der Federal Court of Australia mit Entscheidung vom 30. Juli 2021 DABUS als benannten Erfinder akzeptiert.
Allerdings könne nur eine natürliche Person, nicht aber Maschinen als Erfinder benannt werden, betonte das Gericht. Das BPatG verwies auf die Anerkennung der Erfindereigenschaft, sozusagen die Erfinderehre, die in der Regelung des § 37 Abs. 1 PatG im Zusammenhang mit § 63 PatG zum Ausdruck komme. Nach deutschem Patentrecht könne daher nie als Erfinder oder als Miterfinder eine KI genannt werden, entschied das BPatG.
Daran scheiterten der Hauptantrag (DABUS ist der Erfinder) - und auch der erste Hilfsantrag (niemand wird als Erfinder eingetragen).
Der zweite Hilfsantrag (die Ergänzung der Beschreibung) wurde wegen der Gefahr einer unzulässigen Erweiterung zurückgewiesen. Hätte man DABUS jedoch am Prioritätstag in der Beschreibung erwähnt, läge keine unzulässige Erweiterung vor.
Ergänzung der Erfinderbenennung
Bezüglich des dritten Hilfsantrags – mit der Ergänzung der Erfinderbenennung - entschied das BPatG jedoch entgegen der Ansicht der Präsidentin des DPMA. Vergeblich hatte die Präsidentin argumentiert, ergänzende Angaben in der Erfinderbenennung zur Art und Weise, wie eine Erfindung generiert wurden, seien als Verstoß gegen § 7 Abs. 2 PatV anzusehen.
Das Bundespatentgericht widersprach. Es stelle weder einen Verstoß gegen diese Regelung noch gegen andere Normen dar, dass unter dem korrekt angegebenen Erfindernamen des Anmelders (Stephen L. Thaler) der Zusatz „der die künstliche Intelligenz [DABUS] dazu veranlasst hat, die Erfindung zu generieren“ erscheint. Die Regelung des § 7 Abs. 2 PatV enthalte keinen abschließenden Katalog; es können daher Zusätze gemacht werden, ergänzte das BPatG.
Internationale Diskussion
Schaut man auf die internationale Diskussion um die Erfindungen von DABUS, ist die Tendenz zu sehen, dass die Erfindung zwar als patentfähig anzusehen ist, aber DABUS nicht als Erfinder eingetragen werden darf. Die Entscheidung des Federal Court of Australia wurde inzwischen von einer höheren Instanz wieder aufgehoben. Bisher haben lediglich die WIPO und Südafrika DABUS als Erfinder anerkannt.
Wäre gut, wenn sich der BGH grundsätzlich äußerte
Wer also kann als Erfinder einer computer-generierten Erfindung genannt bzw. betrachtet werden? Der Programmierer der KI? Oder doch eher der Bediener? Diese Fragen stellen sich auch nach der Entscheidung des BPatG. Es ist zu begrüßen, dass das Bundespatentgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat und sogar erklärte, dass es gut wäre, wenn der Bundesgerichtshof sich zu dem Thema grundsätzlich äußern könnte.
Die Präsidentin des DPMA hat inzwischen Rechtsbeschwerde eingelegt. Wir ergänzen gerne: Jetzt ist es sicher - dieser Fall geht vor den BGH.
Schauen Sie sich zu diesem Fall auch gerne unseren Videobeitrag an: Urteilsbesprechung Bundespatentgericht und DABUS von Dr. Malte Köllner.
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