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Doppelpatentierung: Was ändert sich durch das Einheitliche Patentgericht?




Doppelpatentierung: was ändert sich in Bezug auf das UPC?


Im Patentrecht ist es grundsätzlich nicht erwünscht, dass derselbe Schutzgegenstand Gegenstand von zwei Patenten beansprucht geschützt wird, für die dasselbe Gericht zuständig ist. Es gibt daher nicht nur das Verbot der Doppelpatentierung, nach dem die Erteilung eines zweiten Patents auf denselben Gegenstand durch dasselbe Amt ausgeschlossen ist, sondern auch das Verbot des Doppelschutzes (nach Artikel II § 8 des Gesetzes über internationale Patentübereinkommen (IntPatÜbkG), auch Doppelschutzverbot) genannt, welches den Fall paralleler Anmeldungen vor verschiedenen Ämtern betrifft.

Die Gefahr eines Doppelschutzes im Sinne des Artikel II § 8 IntPatÜbkG besteht in der Praxis allerdings insbesondere dann, wenn in parallelen Verfahren vor dem DPMA (Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA) und dem EPA (Europäisches Patentamt (EPA) ein deutsches und ein europäisches Patent für dieselbe Erfindung erteilt werden. Das kommt gar nicht so selten vor, denn Patentanmelder leiten oftmals beide Verfahren ein.

Das „Gesetz über Internationale Patentübereinkommen“ (IntPatÜbkG) sieht für diesen Fall einer doppelten Anmeldung deshalb vor, dass das deutsche Patent seine Wirkungen dann verliert, sofern der Rechtsbestand des europäischen Patents nicht mehr mit einem Einspruch angegriffen werden kann (Art. II § 8(1) Nr. 1 IntPatÜbkG). Der Verlust der Wirkung ist unumkehrbar und bleibt beispielsweise auch dann bestehen, wenn das europäische Patent untergeht (Art. II § 8(2) IntPatÜbkG).

Ein wirkungslos gewordenes Patent besteht allerdings im Gegensatz zum erloschenen weiter fort; Wirkungslosigkeit wird, anders als ein Erlöschen, nicht im Patentregister vermerkt. Die Frage der Wirkungslosigkeit ist zudem in vielen Fällen nicht einfach zu beantworten, sondern bedarf einer mitunter schwierigen Sachprüfung, die im Rahmen einer Zulässigkeitsprüfung nicht sachgerecht beantwortet werden kann, wie der BGH in der Entscheidung X ZB 18/06 – Kornfeinung feststellte.

Deshalb gelangte der BGH dabei auch zu dem Schluss:
„Für den Einspruch gegen ein deutsches Patent bedarf es auch dann keines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses, wenn das Patent wegen des Doppelschutzverbots im Hinblick auf die bestandskräftige Erteilung eines europäischen Patents keine Wirkung mehr hat“, urteilte der BGH 2007 als Leitsatzentscheidung (BGH, X ZB 18/06 – Kornfeinung).

Diese Entscheidung ist in der Praxis durchaus relevant: Vor Einlegung eines Einspruchs gegen ein deutsches Patent muss daher nicht geprüft werden, ob es ein europäisches Patent mit - womöglich abweichendem Anspruchswortlaut -aber identischem Schutzgegenstand gibt.

Was ändert sich durch die Einführung des Einheitspatents und des UPC?


Doch wie wird das Doppelschutzverbot mit der Einführung des Einheitspatents und des Einheitlichen Patentgerichts (UPC) gehandhabt? Schließlich unterstehen Europäische Patente dann nicht mehr der Zuständigkeit der nationalen Gerichte, sondern dem Einheitlichen Patentgericht - jedenfalls sofern dem Einheitlichen Patentgericht diese Zuständigkeit nicht gemäß Art. 83(3) des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) entzogen wird (sog. "opt out").
Laut Gesetz zur Anpassung patentrechtlicher Vorschriften wird der Artikel II § 8 IntPatÜbkG entsprechend angepasst an das neue Einheitspatent. Die Änderungen treten an dem Tag in Kraft, an dem das EPGÜ nach Artikel 89 EPGÜ in Kraft tritt. Und das EPGÜ wird am ersten Tag des vierten Monats nach der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde durch die Bundesrepublik Deutschland in Kraft treten. Ab dann gilt das Doppelschutzverbot nur noch in Bezug auf europäische Patente, die gemäß Art. 83(3) EPGÜ nicht der ausschließlichen Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts unterliegen.

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang das so genannte "Opt-Out". Nach Inkrafttreten des Einheitlichen Patentgerichts unterliegen europäische Patente nicht mehr der Zuständigkeit der nationalen Gerichte, sondern - je nach Opt-Out-Erklärung - dem Einheitlichen Patentgericht (gemäß Art. 83(3) des Übereinkommens über ein einheitliches Patentgericht).

Option 1:
Der Patentanmelder erklärt das "Opt-Out" -> ein nationales Patent mit demselben Gegenstand verliert seine Wirkung im Falle einer Doppelpatentierung mit dem europäischen Patent.

Option 2:
Der Patentanmelder erklärt kein "Opt-Out" -> wenn das europäische Patent weiterhin in die ausschließliche Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts fällt, hat das nationale Patent weiterhin Wirkung neben dem europäischen Patent.

Der Verzicht auf die Hinterlegung einer Opt-Out-Erklärung ist jedoch kein Freifahrtschein für eine Doppelpatentierung. Denn in diesem Fall besteht die Möglichkeit der Einrede der Doppelbeanspruchung (neu einzufügender Absatz in Artikel II § 18 des Art. II IntPatÜbkG). Ein potentieller Verletzer kann damit die Zulässigkeit einer Klage rügen, wenn er mit Bezug auf das europäische Patent bereits vor dem Einheitlichen Patentgericht in Anspruch genommen wurde.

DPMA bietet Verlängerung und Verschiebung als Übergangsmaßnahme


Um den Anmeldern alle Möglichkeiten offen zu halten, sieht das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) gemäß der Mitteilung des Präsidenten des DPMA Nr. 6/22 vom Mai 2022 Übergangsmaßnahmen vor.

Für eine bestimmte Fallkonstellation bieten diese Maßnahmen einen Vorteil für Anmelder von deutschen Patenten. Dies ist der Fall, wenn
i) ein paralleles europäisches Patent mit gleicher Priorität bereits erteilt wurde
ii) die Erteilung des deutschen Patents unmittelbar bevorstand = ein Prüfungsantrag nach § 44 PatG bereits gestellt wurde
iii) und wenn Option 2 gewählt wird: keine Opt-Out-Erklärung

In einem solchen Fall ermöglichen die Maßnahmen des DPMA die Möglichkeit, die Erteilung des DE-Patents bis nach dem Inkrafttreten des EPG aufzuschieben - aber nur, wenn die Option 2 gewählt wird, keine "Opt-Out"-Erklärung. Denn wenn kein "Opt-Out" erklärt wird, haben die nationalen Patente auch nach Inkrafttreten des EPG noch Wirkung.

Das DPMA bietet eine - zeitlich begrenzte - Erstreckung und Aufschiebung für deutsche Patentanmeldungen, für deren Gegenstand bereits ein paralleles europäisches Patent mit gleicher Priorität erteilt wurde und für die bereits ein wirksamer Prüfungsantrag nach § 44 PatG gestellt wurde. Nach Angaben des DPMA haben die Patentanmelder folgende Möglichkeiten:

In einem solchen Fall bieten die Maßnahmen des DPMA die Möglichkeit, die Erteilung des DE-Patents bis nach dem Inkrafttreten des UPC aufzuschieben - wenn Option 2 gewählt wird: keine Opt-Out-Erklärung. Denn wenn kein "Opt-Out" erklärt wird, haben die nationalen Patente auch nach Inkrafttreten des UPC noch Wirkung.

Deshalb bietet das DPMA für diese Patentanmeldungen eine - zeitlich befristete - Verlängerung und Aufschiebung an. Für den Patentanmelder bestehen laut der DPMA -Mitteilung folgende Möglichkeiten:

i) Antrag auf Verlängerung noch laufender Fristen zur Beantwortung eines Prüfungsbescheids (§§ 44, 45 PatG): Sofern eine von der Prüfungsstelle gesetzte Frist zur Beantwortung eines Prüfungsbescheids nach §§ 44, 45 PatG noch nicht abgelaufen ist, kann diese Frist auf Antrag verlängert werden.

ii) Antrag auf Aufschieben der Entscheidung über die Anmeldung: Sofern eine von der Prüfungsstelle gesetzte Frist durch Beantwortung eines Prüfungsbescheids nach §§ 44, 45 PatG eingehalten wurde, kann die Entscheidung über die Anmeldung auf Antrag aufgeschoben werden. Geht ein solcher Antrag erst nach Erlass des Erteilungsbeschlusses beim DPMA ein, kann der Antrag nicht mehr berücksichtigt werden.

Die Fristverlängerung und der Aufschub sollen laut DPMA zunächst acht Monate und nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunde der Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 84 EPGÜ vier Monate nicht überschreiten; die Möglichkeit zur entsprechenden Antragstellung endet mit dem Inkrafttreten des EPGÜ.

Haben Sie Fragen oder Wünsche in Bezug auf Patentschutz, auch in Bezug auf das kommende Einheitspatent?
Sprechen Sie uns an, gerne telefonisch unter +49 (0)69 69 59 60-0 oder info@kollner.eu.




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