Inanspruchnahme der Arbeitnehmererfindung
Die Inanspruchnahme einer Arbeitnehmererfindung ist ein wesentlicher Aspekt des deutschen Arbeitnehmererfindungsgesetzes (ArbnErfG). Denn Voraussetzung für einen arbeitnehmererfinderrechtlichen Vergütungsanspruch nach § 9 ArbEG ist der durch die wirksame Inanspruchnahme erfolgte gesetzliche Rechtsübergang nach § 7 Abs. 1 ArbEG. Die wirksame und unbeschränkte Inanspruchnahme ist also der Schlüssel zu einem Vergütungsanspruch des Erfinders.
Wann aber ist eine ‚wirksame und unbeschränkte‘ Inanspruchnahme erfolgt?
Indem der Arbeitgeber eine entsprechende Erklärung zur Inanspruchnahme abgibt? Oder indem er die gemeldete Erfindung zum Patent anmeldet?
Und was gilt bei rein innerbetrieblicher Nutzung der Arbeitnehmererfindung?
Fiktionsregelung der Inanspruchnahme
Es ist in Bezug auf Inanspruchnahme wichtig zu wissen, dass es mit dem 1.10.2009 eine Kehrtwendung der gesetzlichen Regelung zur Inanspruchnahme kam (Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbEG), § 6 Inanspruchnahme).
Bis zu diesem Datum sind alle Arbeitnehmererfindungen nach dem Ablauf von vier Monaten nach der Erfindungsmeldung automatisch frei geworden, wenn der Arbeitgeber nicht seinerseits aktiv wurde, um eine Inanspruchnahme herbeizuführen. Eine ausbleibende Reaktion des Arbeitgebers führte also zur automatischen Nicht-Inanspruchnahme einer Diensterfindung. Seit dem 1.10.2009 ist dies nun genau anders herum: es gilt die Fiktionsregelung der Inanspruchnahme.
Denn eine ausbleibende Reaktion des Arbeitgebers auf eine Erfindungsmeldung löst nach jetzigem Recht nach dem Ablauf von vier Monaten nach der Erfindungsmeldung eine stillschweigende Inanspruchnahme aus gemäß § 6 Abs. 2 ArbEG, die ohne jegliches aktives Zutun des Arbeitgebers geschieht. Wenn also ein Arbeitgeber nicht wirksam die gemeldete Erfindung ablehnt bzw. freigibt, gehen gemäß Fiktionsregelung der Inanspruchnahme alle vermögenswerte Rechte an der Diensterfindung an den Arbeitgeber über – und auch die Vergütungspflichten, die sich daraus ergeben.
Inanspruchnahme ohne formgemäße Erfindungsmeldung?
Folgerichtig kann ein Arbeitgeber eine gemeldete Diensterfindung durch Erklärung gegenüber dem Arbeitnehmer in Anspruch nehmen (§ 6 Abs. 1 ArbEG) – aber er muss es nicht. Apropos Erfindungsmeldung: die muss laut gefestigter Rechtsprechung gesondert und schriftlich erfolgen und muss dem Arbeitgeber die relevanten Aspekte (und die möglichen Miterfinder) rund um die Erfindung erläutern.
Auch ohne eine solche formgemäße Erfindungsmeldung kann eine Inanspruchnahme ausgelöst werden. Denn meldet der Arbeitgeber die gemeldete Erfindung zum Patent an (was laut Arbeitnehmererfindergesetz sogar seine Pflicht ist, und zwar ‚unverzüglich‘), gilt dies laut BGH Rechtsprechung gleichwertig zu einer ordnungsgemäßen Erfindungsmeldung (14.02.2017, Az.: X ZR 64/14 – Lichtschutzfolie). Das hat Konsequenzen in Bezug auf die Inanspruchnahme.
Denn ab diesem Zeitpunkt (also die Patentanmeldung der Erfindung durch den Arbeitgeber) läuft die 4-Monate-Frist für den Arbeitgeber - wenn der Arbeitnehmer nach der Einreichung der Patentanmeldung eine formgerechte Erfindungsmeldung nachreicht. Der Arbeitgeber muss die Erfindung ausdrücklich freigeben, andernfalls gilt die Fiktion der Inanspruchnahme. Dies gilt im Übrigen ganz unabhängig davon, ob die Erfindung innerbetrieblich oder für den Außenvertrieb genutzt wird. Und es ist ebenfalls unabhängig von der Einhaltung der Form der Erfindungsmeldung. Denn wenn der Arbeitgeber nicht innerhalb von zwei Monaten erklärt, dass und in welcher Hinsicht die Meldung einer Ergänzung bedarf, gilt diese Erfindungsmeldung als ordnungsgemäß (§ 5 ArbEG).
Fazit
Einem Arbeitgeber ist in jedem Fall anzuraten, auf jede Erfindungsmeldung zu reagieren, mag sie auch noch so formlos sein.
Äußert sich der Arbeitgeber nicht, so geht die Erfindungsmeldung nach dem jetzigen Recht für die Inanspruchnahme an ihn über. Dennoch kann der Aspekt Inanspruchnahme relevant sein für Fälle nach altem Recht, also für alle Erfindungsmeldungen, die vor dem 30.09.2009 gemacht wurden. Bis dahin musste ein Arbeitgeber aktiv eine Erklärung der Inanspruchnahme abgeben. Und da ein Patent maximal 20 Jahre unter Schutz steht, könnten in diesem Kontext noch bis 2029 entsprechende Fälle auftreten.
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