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Oberster Gerichtshof Frankreich: Teilanmeldungen als Kaskade möglich



Teilanmeldung beim INPI: Oberster Gerichtshof Frankreich Entscheidung Kubota

Mit seiner aktuellen Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof von Frankreich die bisherige Rechtsunsicherheit in Bezug auf Teilanmeldungen beendet. Als Kaskade angelegte Teilanmeldungen werden nun in Frankreich möglich sein. Die Entscheidungspraxis über die Einreichung von Teilanmeldungen wird harmonisiert mit der des EPA.

Der Sachverhalt: Kubota vs. INPI


Konkret geht es um die Einreichung einer Teilanmeldung aus einem französischen Patent der Kubota Corporation (Japan). Es handelt sich dabei um die zweite Teilungsanmeldung FR 18 51806 aus dem einem Patent über Rasenmäher Technologie.

• 2008 hatte Kubota die Stammanmeldung FR 08 51869 beim das französischen Patentamt (INPI) das Grundpatent FR 08 51869 hinterlegt. Sie wurde 2015 erteilt.
• Die erste Teilanmeldung wurde rechtzeitig 2015 hinterlegt und das erste Teilungspatent als FR 15 53600 2018 erteilt.
• Die zweite Teilanmeldung stützt sich auf die erste Teilanmeldung und wurde 2018 hinterlegt, vor der Erteilung des ersten Teilpatents.

Der Artikel R.612-34 des französischen Gesetzbuchs für geistiges Eigentum in seiner aktuellen Fassung sieht dazu vor, dass "der Anmelder bis zur Zahlung der Erteilungs- und Druckgebühr von sich aus Teilanmeldungen auf der Grundlage der ersten Patentanmeldung einreichen kann".

Doch was ist die „erste Patentanmeldung“ für eine zweite Teilanmeldung?

Das INPI hatte darunter die ursprüngliche Stammanmeldung verstanden und daher die zweite Teilanmeldung zurückgewiesen, da sie erst nach der Erteilung der Stammanmeldung eingereicht worden war.

Die Kubota Corporation widersprach. Die relevante "erste Patentanmeldung" sei für die zweite Teilungsanmeldung nicht die Stammanmeldung, sondern die erste Teilanmeldung FR 15 53600.

Kubota legte Berufung ein beim Pariser Berufungsgericht, allerdings vergeblich (Cour d'appel, 22. November 2019, n°18/27433). Das Berufungsgericht war wie das INPI der Ansicht, die ursprüngliche „erste Patentanmeldung“ sei für die zweite Teilungsanmeldung die Stammanmeldung, dies sei im Artikel R.612-34 eindeutig festgelegt.
Daraufhin legte Kubota Berufung vor dem Obersten Gerichtshof Frankreichs ein.

EPA und INPI – seit Jahren nicht einheitlich


Nach den Richtlinien für die Prüfung durch das Europäische Patentamt, die am 1. November 2018 in Kraft traten (Teil A, Kapitel IV, 1.1. 1), reicht es aus, dass eine Teilanmeldung noch anhängig ist, um eine weitere Teilanmeldung einreichen zu können, wenn die sich darauf die erste Teilanmeldung stützt. Dies ist auch die Entscheidungspraxis der meisten Patentämter in Europa.

Doch in Frankreich wurde dies in den letzten Jahren stets anders gehandhabt. Seit 2011 verlangte das INPI die Einreichung aller weiteren Teilanmeldungen bis zur vollständigen Zahlung der Erteilungs- und Druckgebühren der Stammanmeldung. Entscheidend ist der Ausdruck "erste Patentanmeldung" in Artikel R. 612-34 des Gesetzbuchs über geistiges Eigentum (Französisch: „demande de brevet initiale“). Dies bezeichnet nach Ansicht des INPI die erste Patentanmeldung vor jeder Teilung.

Klarstellung des Kassationsgerichts zur Einreichung von Teilanmeldungen


Das Kassationsgericht (Oberster französischer Gerichtshof, Cour de cassation) entschied mit der aktuellen Entscheidung n° 20-15.480, dass sich der Ausdruck "erste Patentanmeldung" auf die nächstliegende Anmeldung bezieht, auf die eine Teilanmeldung gestützt wird. Dies entspreche auch der Entscheidungspraxis des EPA im Sinne der Prüfungsrichtlinien von 2018, erklärte das Kassationsgericht.

Kassationsgericht Oberster Gerichtshof Frankreich beendet Rechtsunsicherheit


Das Kassationsgericht betonte ausdrücklich das Interesse an einer konvergenten Auslegung europäischer und nationaler Texte ebenso wie an einer Beibehaltung der Praxis des INPI.

Tatsächlich aber hat vor 2011 auch das INPI die Einreichung einer neuen Teilanmeldung akzeptiert, die aus einer ersten Teilanmeldung hervorging, solange die Erteilungsgebühr für diese erste Teilanmeldung noch nicht bezahlt war. Der Artikel R. 612-34, der vom Kassationsgericht nun ausgelegt wurde, ist seit vielen Jahren unverändert.

Dies alles berücksichtigte das Kassationsgericht und entschied, dass für jede Teilanmeldung diejenige Anmeldung die „initiale“ ist, auf die sich diese Teilanmeldung stützt, wie es die EPA Richtlinien vorgeben (Entscheidung des Cour de cassation, 30. August 2023, Pourvoi n° 20-15.480).

Der Beschwerde von Kubota wurde stattgegeben und die Entscheidung des Berufungsgerichts vom 22. November 2019 wurde vollständig aufgehoben.

Die französische Praxis zur Einreichung von Teilanmeldungen aus Patenten vor dem INPI wird sich damit an die Entscheidungspraxis des EPA angleichen. Als Kaskade angelegte Teilanmeldungen werden nun auch in Frankreich möglich sein.

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