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Pablo Escobar keine Unionsmarke: Verstoß gegen gute Sitten



Pablo Escobar kann keine Unionsmarke sein wegen Verstoß gegen gute Sitten und öffentliche Ordnung

Ist Pablo Escobar ein Drogenterrorist und ein Symbol der organisierten Kriminalität, die viel Leid verursacht hat – oder wird Pablo Escobar positiver, sogar als „Robin Hood von Kolumbien“ wahrgenommen, eine Wahrnehmung, die nicht zuletzt auch durch die bekannte Netflix Serie „Narcos“ unterstützt wird?

Um diese Fragen drehte sich die Verhandlung um die abgelehnte Markeneintragung des Begriffs Pablo Escobar, die am gestrigen 17. April 2024 vom Europäischen Gericht entschieden wurde. Der Begriff Pablo Escobar kann nicht als Unionsmarke eingetragen werden, entschied der EuG, da dieser Begriff einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten darstellt (absolutes Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 2017/1001).

Pablo Escobar


Pablo Escobar ist aufgrund seiner vielen guten Taten für die Armen in Kolumbien zu einer mythischen Figur der Mainstream-Populärkultur geworden, argumentierte die Klägerin, die Escobar Inc. (Puerto Rico), die am 30. September 2021 beim Europäischen Markenamt (EUIPO) eine Unionsmarke für das Wortzeichen Pablo Escobar anmeldete, für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen.

Als Beleg für die positive Wahrnehmung als mythische Figur verwies die Klägerin auf den Eintrag über Pablo Escobar in der Online-Enzyklopädie Wikipedia, außerdem auf die weltweit, auch in Spanien, ausgestrahlte Erfolgsserie "Narcos" auf Netflix sowie auf die Tatsache, dass er zu seinen Lebzeiten den Spitznamen "Robin Hood von Kolumbien" trug.

Unbestreitbar ist aber auch, dass Pablo Escobar, geboren 1949, als Drogenterrorist bekannt war und mit vom Medellín-Kartell begangenen oder Pablo Escobar unmittelbar zugeschriebenen Verbrechen in Verbindung gebracht wird, organisierte Kriminalität, die viel Leid verursacht hat.

Die Markenanmeldung wurde vom EUIPO abgelehnt. Den Begriff Pablo Escobar als Marke einzutragen wäre ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten.

Allerdings muss sich ein solcher Vorstoß auf die Wahrnehmung beziehen, die zum Zeitpunkt der Markenanmeldung in der Öffentlichkeit gilt.
Vor dem EuG musste daher geklärt werden: hatte die Beschwerdekammer des EUIPO zurecht festgestellt, dass der Name und Begriff Pablo Escobar auch im Jahr 2021 gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstößt?

Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten


Zunächst einmal ist zu schauen, wer denn überhaupt die maßgeblichen Verkehrskreise sind, also die Öffentlichkeit in der Europäischen Union, die an dem Begriff Pablo Escobar Anstoß nehmen würde.

Die Beschwerdekammer des EUIPO hatte sich in ihrer Entscheidung zurecht auf die spanischsprachigen Verkehrskreise bezogen, weil diese am ehesten mit dem kolumbianischen Staatsangehörigen namens Pablo Escobar vertraut seien.

Nach Rechtsprechung ist dabei ist zu berücksichtigen, dass das unter dieses Eintragungshindernis fallende Zeichen nicht nur die Verkehrskreise erschüttert, an die sich die mit dem Zeichen bezeichneten Waren und Dienstleistungen richten, sondern auch andere Personen, die, ohne von diesen Waren und Dienstleistungen betroffen zu sein, im Alltag zufällig mit dem Zeichen in Berührung kommen (vgl. Urteil vom 15. März 2018, La Mafia Franchises/EUIPO - Italien [La Mafia SE SIENTA A LA MESA], T-1/17, EU:T:2018:146, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Das EuG ergänzte, dass für die Anwendung dieses Eintragungshindernisses nicht nur die allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeinsamen Umstände, sondern auch die besonderen Umstände der einzelnen Mitgliedstaaten zu berücksichtigen, die die Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise in diesen Staaten beeinflussen können.

Pablo Escobar kann nicht als Unionsmarke eingetragen werden


In der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass zumindest ein nicht zu vernachlässigender Teil der maßgeblichen spanischen Verkehrskreise die angemeldete Marke mit Pablo Escobar in Verbindung bringen werde, der als Symbol eines Drogenbarons und eines Narcos Terroristen wahrgenommen werde und dies auch erläutert.

Die angemeldete Marke Pablo Escobar könnte laut Beschwerdekammer von vielen Verbrauchern der fraglichen Waren und Dienstleistungen, die insbesondere in Spanien diese Werte teilen, als in hohem Maße beleidigend oder schockierend, als Entschuldigung des Verbrechens und als Verharmlosung des Leids empfunden werden, das Tausende von Menschen erlitten haben, die durch das Medellín-Kartell, dessen mutmaßlicher Anführer Pablo Escobar war, getötet oder verletzt wurden.

Dieses Leid werde weder durch die Aktionen zugunsten der Armen noch durch die Rolle des "Robin Hood", die der Kläger oder viele Kolumbianer Pablo Escobar in Kolumbien zuschreiben, noch durch die Tatsache, dass er in Spanien zu einer Ikone der Populärkultur geworden ist, ausgelöscht.

Pablo Escobar werde unmittelbar mit Verbrechen in Verbindung gebracht, die in modernen demokratischen Gesellschaften unannehmbar seien, da sie den anerkannten ethischen und moralischen Grundsätzen nicht nur in Spanien, sondern in allen Mitgliedstaaten der EU absolut zuwiderliefen und eine der schwersten Bedrohungen für die grundlegenden Interessen der Gesellschaft und die Aufrechterhaltung des sozialen Friedens und der sozialen Ordnung darstellten.

Das EuG schloss sich dieser Ansicht an.

Auch die von der Klägerin vorgebrachte Tatsache, dass die Namen Bonnie und Clyde, Al Capone oder Che Guevara (die alle mit Verbrechen in Verbindung gebracht werden) bereits als Unionsmarken eingetragen und anschließend entweder abgelaufen oder gelöscht worden sind, ist laut EuG nicht geeignet, die Beurteilungen der Beschwerdekammer in Frage zu stellen. Die Beschwerdekammer hatte zutreffend auf die spezifische Wahrnehmung des Namens Pablo Escobar durch die maßgeblichen Verkehrskreise abgestellt.

Vergeblich rügte die Klägerin, dass die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung nicht geprüft habe, ob die Mehrheit dieser Verkehrskreise die angemeldete Marke als sittenwidrig auffassen würde. Das EuG wies dies zurück.

Nach der Rechtsprechung kann die Beurteilung des Vorliegens eines Eintragungshindernisses nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 2017/1001 weder auf die Wahrnehmung der Mehrheit der maßgeblichen Verkehrskreise noch auf diejenige der Teile dieser Verkehrskreise gestützt werden, die nichts schockierend finden oder aber auch sehr leicht beleidigt werden können.
Maßgeblich sind immer vernünftige Personen mit durchschnittlicher Sensibilität und Toleranzschwelle. Auf genau diese Personengruppe hatte die Beschwerdekammer mit ihrer Entscheidung abgestellt.

Die Klage wurde daher vollständig zurückgewiesen: Pablo Escobar kann nicht als Unionsmarke eingetragen werden (EuG, 17.04.204, T‑255/23).

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