Marke Gourmet: Markenstreit Aldi gegen nationale Marken
Im jahrlangen Markenstreit um die Marke Gourmet wurde vor dem EuG verhandelt über die Nachweise zur Benutzung der älteren nationalen Marken, auf die sich die Nichtigkeitsklage gegen die Aldi Marke Gourmet stützt. Kann ein beschreibender Begriff wie Gourmet überhaupt eine zulässige nationale Wortmarke sein? Und kann die Benutzung der älteren nationalen Marken auch in veränderter Form gültig sein?
Marke Gourmet – ein jahrelanger Markenstreit
Im August 2010 meldete die Aldi GmbH & Co. KG (Deutschland) das Wort- und Bildzeichen Gourmet als Europäische Marke an. Im darauffolgenden Januar 2011 erhob die Miquel Alimentació Grup, SA (Spanien), Widerspruch gegen die Eintragung der Anmeldemarke und berief sich dabei auf die eigenen älteren, nationalen Marken Gourmet, die als spanische Wortmarke und auch als spanische Bildmarken wesentlich länger unter Schutz stehen.
Seitdem wird um die Marke Gourmet zwischen den beiden Parteien durch viele Instanzen gefochten. So hat das Europäische Gericht bereits im Dezember 2016 ein Urteil getroffen zwischen denselben Parteien in diesem Disput, mit dem der EuG anerkannte, dass die Form und die Farbe des Hintergrunds des Wortelements "Gourmet" rein dekorative und untergeordnete Elemente in Bezug auf dieses Wortelement sind (Urteil vom 15. Dezember 2016, Gourmet, T-212/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:746, Rn. 57).
Im März 2018 reichte die Miquel Alimentacio Group, die Rechtsvorgängerin der Klägerin Transgourmet Ibérica, SAU (Spanien), beim EUIPO einen Antrag auf Nichtigerklärung der Aldi Marke Gourmet ein. Zunächst blieb das ohne Erfolg: die Nichtigkeitsabteilung und auch die nachfolgend angerufene Beschwerdekammer des EUIPO wiesen den Antrag auf Nichtigerklärung zurück. Sie stellten im Wesentlichen fest, dass die von der Klägerin vorgelegten Nachweise die Benutzung der älteren Marke in der eingetragenen Form nicht belegten.
Die Transgourmet Ibérica klagte gegen diese Entscheidung vor dem Europäischen Gericht (EuG), das jetzt darüber entschieden hat (EuG, T‑102/22, am 1. März 2023).
Die Klägerin aus Spanien stützte ihre Klage im Wesentlichen auf folgenden 3 Klagegründe:
1. Vorwurf, dass die Beschwerdekammer die Unterscheidungskraft der älteren Marke vor der Prüfung der von der Klägerin vorgelegten Nachweise für die ernsthafte Benutzung beurteilt habe.
2. Vorwurf, dass die Benutzungsnachweise fehlerhaft gewürdigt wurden, insbesondere,
weil die Beschwerdekammer zu Unrecht der Prüfung des Benutzungsnachweises gefolgt sei, die für den Fall gelte, dass die Marke in einer anderen Form als derjenigen benutzt worden sei, in der sie eingetragen worden sei
und dass zu Unrecht angenommen wurde, dass nur die Beweismittel, die die Anbringung des Wortes "Gourmet" auf den Waren oder ihrer Verpackung zeigen, geeignet seien, die ernsthafte Benutzung der älteren Marke zu beweisen (nicht aber Rechnungen, Prospekte u.ä.).
3. Vorwurf, dass zu Unrecht festgestellt worden war, die Benutzung der Marke sei nachgewiesen in einer Form, die von der Eintragung in Bestandteilen abweicht
Das EuG führte die Überlegungen zu diesem Fall ausführlich aus.
Begriff Gourmet grundsätzlich als beschreibend einzustufen?
Die Beschwerdekammer hatte insbesondere in den Randnummern 36 und 39 der angefochtenen Entscheidung nur den Begriff "Gourmet" als beschreibend einstuft und nicht die ältere spanische Marke in ihrer Gesamtheit. Der Begriff Gourmet ist aber der einzige Begriff der älteren spanischen Wortmarke. Der EuG erläuterte, indem die Beschwerdekammer den einzigen Begriff der nationalen Marke als beschreibend einstufte, verneinte sie seine Unterscheidungskraft. Da aber nach der Rechtsprechung die Eintragung einer nationalen Marke bedeutet, dass sie ein Mindestmaß an originärer Unterscheidungskraft besitzt, habe die Beschwerdekammer einen Rechtsfehler begangen.
Das Gericht wies darauf hin, dass die Gültigkeit einer internationalen oder nationalen Marke nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Eintragung einer Unionsmarke in Frage gestellt werden kann, sondern nur im Rahmen eines in dem betreffenden Mitgliedstaat eingeleiteten Löschungsverfahrens. Es konnte daher nicht relevant sein vor dem EuG und auch nicht vor dem EUIPO, ob ein beschreibender Begriff wie Gourmet überhaupt eine zulässige nationale Wortmarke sein kann.
Spezifische Prüfung der Beweismittel
Auch in Bezug auf die Feststellungen zu den Nachweisen widersprach das EuG der Beschwerdekammer. Im vorliegenden Fall habe die Beschwerdekammer keine spezifische Prüfung dieser Beweismittel vorgenommen. Sie sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass diese Elemente, da sie sich auf den Begriff "Gourmet" beziehen, den sie als beschreibend für die Waren angesehen hat, keine Benutzung der Marke belegen, die auf die betriebliche Herkunft der Waren hinweisen könnte. In diesen Feststellungen ist der Beschwerdekammer ein Rechtsfehler unterlaufen, entschied das EuG.
Das Gericht erinnerte daran, dass für die Prüfung der Ernsthaftigkeit der Benutzung einer angefochtenen Marke eine Gesamtwürdigung vorzunehmen ist, bei der alle relevanten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Daher sind auch z. B. Verpackungen, Etiketten, Preislisten, Kataloge, Rechnungen, Fotografien, Zeitungsanzeigen und schriftliche Erklärungen sind zu berücksichtigen, erklärte das EuG.
Nachweis der Benutzung der Marke in veränderter Form
Schließlich wies das Gericht darauf hin, dass der Nachweis der Benutzung einer älteren Marke auch in einer Form, die von der Eintragung in Bestandteilen abweicht zulässig sein muss – wenn sie nur insofern abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird. Im vorliegenden Fall war eine Kochmütze über der Wortmarke hinzugefügt worden. Doch wegen seiner geringen Größe sei die Kochmütze weder auffällig noch dominant, entschied das EuG. Im Übrigen bleibe der klangliche Aspekt des Begriffs "Gourmet" klar erkennbar. Außerdem sei die Kochmütze ein banales und alltägliches Element im Bereich der Lebensmittel, ergänzte das Gericht.
Unter diesen Umständen sind die zusätzlichen Bildelemente nicht geeignet, die Unterscheidungskraft der älteren Wortmarke GOURMET in der eingetragenen Form zu beeinflussen, entschied das EuG.
Schlussendlich hob das EuG daher die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 14. Dezember 2021 (Sache R 862/2021-2) auf, mit der der Antrag auf Nichtigerklärung der Aldi Marke Gourmet zurückgewiesen worden war.
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